Diskussion

Die vorliegend beobachteten Differenzen zwischen Ergebnissen bei einander entsprechenden Messungen der Basenabweichung sind in unterschiedlichem Ausmaß präanalytisch (z. B. Abnahmefehler, Lagerung oder BE-Änderungen durch das Verfahren der Tonometrie), intraanalytisch (z.B. mangelnde Stabilität oder Linearität der Elektroden, fehler­hafte Kalibration) und postanalytisch (z.B. Berechnungsmethode, Speicherung der Daten, Run­dungsfehler) bedingt.

Quantitative Bewertung der Basenabweichung

Um die vorliegend beobachteten Schwankungen bei der Bestimmung der Basenabweichung in ihrer klinischen Relevanz einordnen zu können, sollten die gefundenen Ergebnisse den in der Literatur berichteten Schwankungen gegenübergestellt werden.

Dabei sollte jedoch auch berücksichtigt werden, daß das Konzept der Basenabweichung theoretisch und klinisch nicht völlig befriedigend ist, da die BE-Berechnung indirekt über die Puffereigen­schaften des Blutes (deren Konstanz oder zumindest Berechenbarkeit vorausgesetzt werden muß) erfolgt, ohne daß die darin enthaltenen Säuren oder Basen selbst bestimmt werden. Bei Basendefizit ist eine mögliche Säure das Laktat, das beispielsweise beim reinen hämorrhagischen Schock vermutlich die größte Bedeutung hat [DAVIS et al. 1994], allerdings bei anderen Formen der metabolischen Azidose nur eine untergeordnete Rolle spielt, wie die geringe Korrelation zwischen Laktatwerten und Basendefizit, Bikarbonat­konzentration oder Anionenlücke in einigen Studien gezeigt hat [DESHPANDE et al., 1997; Mikulaschek et al., 1996; ADUEN et al., 1995; VAN BIERVLIET et al., 1974]. Eine Identifizierung der zur BE-Änderung führenden Substanz wäre jedoch in vielen Fällen klinisch hilfreich, da Störungen des Säure-Basen-Haushalts möglichst ursächlich behandelt werden sollen. Trotzdem kann eine Abweichung des BE von den Erwartungswerten wichtige Hinweise auf Vorhandensein und Stärke von Gesundheitsstörungen geben und in Verbindung mit anderen Befunden eine befriedigende Diagnose ermöglichen.

Basenabweichung des Blutes (BEbl)

Referenzwerte für die Basenabweichung des Vollbluts (BEbl) wurden von Møller (1959) und SIGGAARD-ANDERSEN (1963) ermittelt. Danach liegt das 95%-Konfidenzintervall für arterielles oder kapillares Blut beim erwachsenen Mann zwischen –2,4 und +2,2 bzw. –2,4 und + 2,3 mmol/L, für Frauen hingegen bei –3,3 bis +1,3 bzw. –3,3 bis +1,2 mmol/L. Angaben in Leitfäden, Handbüchern der Geräte und Lehrbüchern variieren im Bereich ±3 mmol/L. Aufgrund der Interdependenz der drei Parameter pH, pCO2 und BE wurden von HEKKING et al. (1995) multivariante Referenzregionen (ovale Bereiche in einem Stern aus drei Achsen für jeden der Parameter) vorgeschlagen, die einen interessanten neuen Ansatz zur Präsentation von Laborwerten darstellen, mit etwas Übung eine Blickdiagnose über den Säure-Basen-Status und dessen Verlauf ermöglichen, und deren Berechnung und Darstellung dank leistungsfähiger Mikroprozessoren, hochauflösender Bildschirme und Drucker, die bereits in die meisten Geräte integriert sind, keinen wesentlichen Mehraufwand gegenüber der blosen Zahlendarstellung mehr verursachen würde.

Unter bestimmten Bedingungen oder bei bestimmten Personengruppen wurden Veränderungen des BEbl beobachtet. Hierzu gehört unter anderem ein negativerer BEbl bei Kindern (z.B. ein um 2 mmol/L niedriger BEbl mit 2 bis 3 Jahren), nach Nahrungsaufnahme ein Anstieg um ca. 3 bis 4 mmol/L (insbesondere nach Gemüse) oder ein Abfall bei respiratorischer Alkalose als Zeichen von Kompensationsmechanismen. Als Extremwerte des BE des Blutes gelten –30 bis +30 mmol/L etwa unter Bedingungen des diabetischen Komas oder bei ausgeprägtem Nierenversagen oder anhaltendem Erbrechen [SIGGAARD-ANDERSEN 1963].

RUTHERFORD und Kollegen (1992) führten eine klinische Studie durch, um einen Zusammenhang zwischen einer negativen Basenabweichung (base deficit) und der Mortalität von Traumapatienten zu ermitteln. Die Patientendaten wurden nach Lebensalter, dem Vorliegen von Kopfverletzungen und von offenen Verletzungen in 8 Gruppen aufgeteilt. Beispielsweise bei Patienten ohne Kopfverletzungen, ohne offene Verletzungen und jünger als 55 Jahre wurde bei einer Basenabweichung von –15 mmol/L eine Mortalität von 25 %, bei einer Basenabweichung von ­22 mmol/L hingegen von 75 % beobachtet. Bei älteren Patienten mit gleichem Verletzungsmuster fand dieser Mortalitätsanstieg zwischen ­11 und ­17 mmol/L statt. Außer bei den Patienten, deren Mortalität auch bei ausgeglichenem Säure-Basen-Haushalt aufgrund der Begleitverletzungen und des Alters schon über 50 % lag, entsprach ein BE-Abfall von unter 5 mmol/L bereits einer Verdoppelung der Mortalität. Von MACKERSIE et al. (1989) wurde ein BE von unter –3 mmol/L bereits als bedeutendes Warnsignal für das vorliegen einer intraabdominellen Verletzung angesehen. Aus diesen Daten ist zu fordern, daß die Meßgenauigkeit des BE unter 3 mmol/L liegen sollte. Die Messungen der Studie von RUTHERFORD et al. (1992) wurden durch die Analysatoren AVL 995 und IL 1312 durchgeführt, deren Formeln nach Herstellerangabe bereits jenen der vorliegend untersuchten Nachfolgemodelle entsprachen. Somit unterscheiden sich die Basendefizite bereits rein rechnerisch (postanalytisch) um 1 bis 2 mmol/L (vgl. Abbildung 3). Nach den vorliegenden Ergebnissen ist auch eine intraanalytische Differenz zwischen den Geräten bei der BE-Bestimmung wahrscheinlich. Da in der Mortalitätsstudie von Rutherford nicht vermerkt ist, welche Messungen mit welchem der Geräte durchgeführt wurden, ist eine Übertragung der Befunde auf Meßergebnisse in der klinischen Routine mit erheblichen Fehlermöglichkeiten behaftet. Auch in Tierversuchen an Schweinen [DAVIS et al. 1991 und 1994] konnte gezeigt werden, daß ein vorsätzlich herbeigeführter hämorrhagischer Schock den BE signifikant um etwa 10 mmol/L fallen läßt. Dabei wurden BE-Werte im Schock von minimal nur –4,6 mmol/L erreicht.

Die gesunden Probanden der vorliegenden Untersuchungen hatten BEbl-Werte von –0,5 bzw. +1,2 mmol/L bei einheitlicher Berechnung aus den mittleren venösen pCO2- und pH-Werten nach Gleichung 6 [ZANDER 1995]. Allerdings wurden vom Gerät Nova Stat Profile Ultra in beiden Fällen Werte von unter –5 mmol/L gemessen.

Basenabweichung unter Berücksichtigung der Extrazellulärflüssigkeit (BEecf)

Untersuchungen zu Referenzwerten des BEecf liegen nicht vor. Es sollte jedoch wie beim BEbl von einem Normalwert von 0 mmol/L ausgegangen werden können, da es sich definitionsgemäß um eine Abweichung vom Normalwert handelt. Es werden unterschiedliche Intervalle im Bereich  von ± 3 mmol/L angegeben. In dem von Radiometer verlegten Blutgas Handbuch wird ein Wert von –1,5 bis + 3 mmol/L für Männer und von –3,0 bis +2,0 mmol/L für Frauen angegeben. Sowohl IL als auch Nova Biomedical geben keinen Referenzbereich für den BEecf an. Prinzipiell erscheint eine Übertragung der Normalwerte vom BEbl auf den BEecf zulässig, da sich die beiden Werte bei normalen pH- und pCO2-Werten fast nicht unterscheiden (vgl. Abbildung 2). Bei pathologischen Werten ist jedoch zu berücksichtigen, daß die BEecf-Werte bei Hyperkapnie oder Azidose über den BEbl-Werten liegen, bei Hypokapnie und Alkalose hingegen darunter (vgl. Kapitel 0). SIEGEL und Kollegen (1990) führten eine Mortalitätsstudie an Patienten nach stumpfem Polytrauma durch, in der auch der BEecf berücksichtigt wurde. Dabei zeigte sich der BEecf unter 15 Laborparametern als wichtigster Indikator für die Mortalitätswahrscheinlichkeit. Jedoch lag der mittlere BEecf der überlebenden Patienten nur um 5 mmol/L höher als der mittlere BEecf der verstorbenen (–5 bzw. –10 mmol/L). In dieser Studie fand eine Verdoppelung der Mortalität von 25 auf 50% zwischen einem BEecf von –6 und –12 mmol/L statt. Der BEecf wurde mit einer einheitlichen Formel berechnet; Angaben zu den verwendeten Analysatoren wurden hingegen nicht gemacht. Aus diesen Ergebnissen, die im wesentlichen mit den Resultaten von RUTHERFORD et al. (1992) übereinstimmen, ergibt sich, daß auch BEecf-Unterschiede von unter 3 mmol/L zuverlässig feststellbar sein sollten.

Bei den 20 Patienten der vorliegenden Untersuchung, die sich in klinisch stabilem Zustand einer planmäßig verlaufenden thoraxchirurgischen Operation unterzogen, wurden unter Anwendung von Ausschlußkriterien (vgl. Kapitel 7.2.3) BEecf-Werte zwischen –9,3 und +7,3 mmol/L von den Geräten ausgegeben. Bei einheitlicher Berechnung (Gl. 6) ergaben sich BEecf-Werte zwischen –9,4 und +6,2 mmol/L.PatBEecf Extremwerte Wenn der BEecf aus dem Mittelwert aller pH und pCO2-Messungen einer Probe bestimmt wurde, so wies der Patient mit der ausgeprägtesten metabolischen Azidose einen BEecf (nach Gleichung 6) von –7,4 mmol/L und der Patient mit dem höchsten BEecf einen solchen von 2,9 mmol/L auf. Dies zeigt, daß Werte, die für das Vorliegen einer Alkalose sprechen würden, nur durch Meßwertstreuungen und postanalytische Berechnungsunterschiede bedingt waren, und daß die Angabe von „Normalwerten“ erheblich von der Berechnungsmethode abhängt.

 

Offenbar ist weder aus der Literatur noch aus vorliegenden Ergebnissen eine Grenze bestimmbar, bis zu welchem Wert ein BEecf als physiologisch angesehen werden kann, wobei die Datenlage für metabolische Alkalosen noch unbefriedigender ist als für Azidosen.

Unterschiede der Berechnungsmethoden

Postanalytische Unterschiede in der Berechnung haben den Vorteil, daß sie präzise reproduzierbar sind. Trotzdem können sie, insbesondere wenn in einer Klinik verschiedene Berechnungsmethoden verwendet werden, praktische Bedeutung haben.

Basenabweichung des Blutes (BEbl)

Bei definitionsgemäß normalem Säure-Basen-Status (pH = 7,4; pCO2 = 40 mmHg, cHb = 15 g/dL) errechnen sich BEbl-Werte zwischen –0,5 (NCCLS und Ciba-Corning) und +0,8 mmol/L (Nova und IL), was etwa einem Drittel der Spannweite üblicher Referenzbereiche entspricht (z. B. –1,5 bis 3 mmol/L). Da die BEbl-Formeln auch die Hämoglobinkonzentration unterschiedlich berücksichtigen (vgl. Konstanten K2 und K4,  Tab. 1), kommt es zu einer Verstärkung dieses Unterschiedes bei anämischen Patienten, so daß beispielsweise ein Patient mit einer cHb von 3 mmol/L und ansonsten normalem Säure-Basen-Status gemäß der vom NCCLS vorgeschlagenen Berechnungsmethode einen BEbl von –0,55 mmol/L aufweist, wohingegen sich nach der von Nova und IL verwendeten Formel ein BEbl von +0,96 mmol/L ergibt. Bei pH 7,36 würde der anämische, normokapnische Patient nach der Berechnungsmethode des NCCLS bereits als metabolisch azidotisch eingestuft werden (BEbl = –3,06 mmol/L), hingegen würden die Geräte von IL und Nova noch einen Wert ausgeben, der unauffällig ist (BEbl = –1,60 mmol/L).

Besonders große Differenzen des BEbl treten bei teilkompensierten metabolischen Alkalosen zwischen der von Radiometer verwendeten Formel und den anderen Berechnungsmethoden auf. Beispielsweise errechnet sich bei pH = 7,65 und pCO2 = 50 mmHg eine BEbl-Differenz zwischen IL und Radiometer von 2,8 mmol/L (30,7 bzw. 27,9 mmol/L). Dies ist besonders bedenklich, da der Organismus gegen metabolische Alkalosen wesentlich weniger Kompensationsmechanismen besitzt als gegen Azidosen und Alkalosen durch Linksver­schiebung der Sauerstoffbindungskurve die Sauerstoffversorgung des Organismus zusätzlich stören können [SEELING et al., 1988].

Basenabweichung unter Berücksichtigung der Extrazellulärflüssigkeit (BEecf)

Im Bereich der Normalwerte für pH und pCO2 beträgt der maximale Unterschied der BEecf-Berechnungsergebnisse der Analysatoren 0,7 mmol/L (vgl. Abbildung 4), also etwa die Hälfte der Differenz der BEbl-Werte (vgl. Abb. 3 und 4). Bei Abweichungen von den Normalwerten werden jedoch auch die Unterschiede zwischen den Formeln größer. Bemerkenswert ist, daß die Formeln auf Basis des BEbl (Radiometer, ZANDER 1995) bei starken metabolischen Azidosen und insbesondere bei metabolischen Alkalosen das Ausmaß der Störung im Vergleich zu den Formeln, die von Ciba-Corning und dem NCCLS [DEGEN et al., 1996] sowie von IL und Nova verwendet werden, deutlich geringer quantifizieren. Der Berechnungsvorschlag der IFCC [BURNETT 1995] liegt zumeist bei metabolischen Azidosen im Gerätevergleich zwischen diesen beiden Gruppen, bei positiven Basenabweichungen ergeben sich jedoch Werte, die nahe bei den Ergebnissen des NCCLS-Vorschlags liegen (vgl. Abbildung 4).

Im Unterschied zum BEbl weicht im Vergleich zur modifizierten Formel nach ZANDER (Gleichung 6) bei teilkompensierten Alkalosen nicht nur die von Radiometer verwendete BEecf-Berechnungsmethode zunehmend nach unten ab, sondern zusätzlich differieren die Algorithmen von IL, Nova, Ciba-Corning, dem NCCLS und dem IFCC in etwa gleichem Maße in die entgegengesetzte Richtung. So beträgt bei pH = 7,65 und pCO2 = 50 mmHg die BEecf-Differenz zwischen IL und Radiometer 4,6 mmol/L (34,6 bzw. 30,0 mmol/L).

Die im AVL Compact 2 errechneten Werte korrelieren mit den nach Gleichung 6 errechneten eng. Die Differenz beträgt bei pH 7,6 maximal 0,4 mmol/L, bei pH 7,8 maximal 0,6 mmol/L. Im Bereich von pH 7,0 bis pH 7,4 liegen die Ergebnisse der beiden Formeln maximal 0,3 mmol/L auseinander. Wie weiter unten gezeigt (vgl. Tabelle), liegt dies an einer weitgehenden Übereinstimmung der Konstanten. Die Gefahr der niedrigeren BEecf-Werte bei den Geräten von Radiometer und AVL, und auch bei Verwendung der Referenzformel nach Gleichung 6 besteht jedoch darin, daß ein Arzt, der andere BEecf-Berechnungsarten gewohnt ist, dadurch das Ausmaß einer Störung unterschätzen kann.

Bikarbonat

Die relative Abweichung zwischen den Faktoren von AVL und IL (ebenso wie Nova) beträgt kon­stant ca. vier Prozent, was zu einer gleich großen Abweichung bei allen berechneten Bikar­bo­nat­werten führt. Bei den physiologischen Normalwerten pH = 7,4 und pCO2 = 40 mmHg er­rech­nen sich Bikarbonatkonzentrationen von 24,04 mmol/L (AVL) bzw. 25,01 mmol/L (IL / Nova).

Durch die pH-Abhängigkeit des von Radiometer verwendeten Faktors zur Errechnung des Bikarbonats zeigen sich die Abweichungen dieser Berechnungsmethode insbesondere bei ausgeprägten Azidosen und Alkalosen. Bei pH 7,0 beträgt der Unterschied zwischen einem nach Radiometer und nach IL bzw. Nova berechneten Bikarbonat 6,1 % ; bei einem pCO2 von 80 mmHg ergibt dies 18,76 statt 19,91 mmol/L. Der Unterschied zwischen AVL und Radiometer beträgt bei pH 7,8 etwa 8,2 %. Damit ergibt sich beispielsweise bei pH = 7,8 und pCO2 = 20 mmHg ein Bikarbonat von 30,2 statt 32,7 mmol/L. Trotz des geringfügig höheren Rechenaufwands sollte die von  SIGGAARD-ANDERSEN und ENGEL (1960) vorge­schlagene und von Radiometer verwendete etwas komplexeren Berechnungsmethode (vgl. Gl. 3) bevorzugt werden, da sie eher die tatsächliche Bikarbonatkonzentration bestimmt und dabei kombinierte Störungen des Säure-Basen-Haushaltes deutlicher werden (also Bikarbonatwerte bei Azidose niedriger und bei Alkalose höher angegeben werden).

Der Referenzbereich für Bikarbonat wird zumeist mit 22 bis 26 mmol/L angegeben. Jedoch zeigte sich vorliegend bei der Überprüfung der Berechnungsmethoden, daß bei Normalwerten von pH (7,4) und pCO2 (40 mmHg) bereits Unterschiede von 1 mmol/L alleine durch Unterschiede in der Berechnung bedingt sind. So wird im IL 1620 Operator’s Manual (1996, S. 10-15) zwar als Normalwert (Mittelwert der oberen und unteren Grenze des Referenzbereiches) wie üblich für pH 7,4 und für pCO2 40 mmHg angegeben, dies ergibt jedoch nach der in diesem Gerät programmierten Formel eine Bikarbonatkonzentration (25,01 mmol/L), die bereits im oberen Viertel des auf derselben Seite angegebenen HCO3-Referenzbereiches liegt (22 bis 26 mmol/L). Bei Verwendung der gleichen Berechnungs­methode für das Bikarbonat schlägt Nova Biomedical hingegen den etwas breiteren und im Mittel 0,5 mmol/L höheren Referenzbereich von 21 bis 28 mmol/L vor (Nova User Manual, Appendix D), so daß der aus pCO2 = 40 mmHg und pH = 7,4 errechnete Normalwert von 25,01 mmol/L dem Mittelwert des Referenzbereiches (24,5 mmol/L) näher kommt und gleichzeitig der Abstand zur oberen Intervallgrenze größer ist.

Die aktuell vorgeschlagenen Konstanten der IFCC und des NCCLS (siehe Tabelle 3) liegen sehr nahe beieinander (Differenz ca. 0,1%; cHCO3 = 24,2 mmol/L bei pCO2 = 40 mmHg und pH = 7,4), so daß sie praktisch gegeneinander austauschbar sind. Auch die Berechnung nach Radiometer unterscheidet sich bei normalem pH kaum davon (0,3% bzw. 0,2% bei pH 7,4; vgl. Abbildung 5).

Die von AVL verwendete Berechnungsmethode hat den Vorteil, daß sie bei pCO2 = 40 mmHg und pH = 7,4 ein Bikarbonat von 24,0 mmol/L ergibt, was der verbreitetste Normalwert ist [MÜLLER-PLATHE, 1982]. Dieser Normalwert wurde vor Einführung der CO2-Elektrode mit einem Titrationsverfahren ermittelt. Obwohl gerade von Gegnern des BE-Konzepts [SCHWARTZ, RELMAN 1963] angeführt wird, daß es sich beim Bikarbonat um eine tatsächliche  Konzentration einer Substanz handle, ist dies aufgrund der heute üblichen Berechnung aus pH und pCO2 nicht mehr zutreffend. Das Bikarbonat ist gegenwärtig genau wie die Basenabweichung eine Größe, die unter Annahme der Konstanz mehrerer Eigenschaften des Blutes errechnet wird. Zu beiden Parametern existieren titrimetrische bzw. tonometrische Meßverfahren, die zwar nur noch selten angewendet werden, aber die Möglichkeit bieten, die Berechnung der Bikarbonatkonzentration zu überprüfen. Von FLEAR et al. (1987) wurden für den auf pH 7,4 justierten [RISPENS et al., 1968] Gleichgewichtskoeffizienten pK1', der gemeinsam mit dem Löslichkeitskoeffizient s zur Berechnung der Bikarbonatkonzentration nach der Henderson-Hasselbalch-Gleichung verwendet wird, Werte zwischen 5,840 und 6,298 aus je sechs Messungen an Proben von gesunden Probanden und Patienten ermittelt. Dies entspricht einer interindivduellen möglichen Abweichung der realen Bikarbonatkonzentrationen bei gleichem pH und pCO2 von 7,8 %, wobei die Spanne bei gesunden Probanden sogar etwas größer war als bei schwerkranken Patienten (jeweils n = 31).

Berechnung der Sauerstoffsättigung

Die Geräte ABL 510 (Radiometer) und Nova Stat Profile Ultra (Nova Biomedical) bestimmen die Sauerstoffsättigung photometrisch, die anderen Geräte errechnen diese mit unterschiedlichen Formeln aus dem pH, dem pO2 und teilweise aus dem pCO2. Die tatsächlich verwendeten Formeln unterscheiden sich von der vorliegend verwendeten einheitlichen Formel (Gl. 7 und 8) um bis zu 2,4 % im Wertebereich der betrachteten Messungen, wobei die durchschnittlichen Differenzen mindestens um den Faktor 5 darunter liegen (vgl. Tabelle 13). Durch Einsetzen der unterschiedlich errechneten Sauerstoffsättigungen in Gleichung 6 ergibt sich ein maximaler BE-Unterschied von 0,096 mmol/L. Diese Unterschiede wurden bei der Berechnung der Sauerstoffsättigung für vorliegende Untersuchungen als nicht relevant angesehen.

Aus Gründen der Vergleichbarkeit zwischen den Geräten wurden vorliegend nur aus dem Sauerstoffpartialdruck errechnete O2-Sättigungen zur BE-Berechnung verwendet. Obwohl sich in diesen Messungen eine überraschend gute Übereinstimmung zwischen den photometrisch bestimmten und den errechneten Sauerstoffsättigungen zeigte (vgl. Tabelle 13), ist das photometrische Verfahren im klinischen Einsatz jedoch prinzipiell vorzuziehen, insbesondere da es durch Messung bei verschiedenen Wellenlängen die Unterscheidung zwischen verschiedenen Hämoglobinarten erlaubt (z.B. Desoxyhämoglobin, Hämiglobin, CO-Hb, fetales Hb), während bei der Berechnung aus dem pO2 nur die partielle Sauerstoffsättigung (Verhältnis von oxygeniertem zu desoxygeniertem plus oxygeniertem Hämoglobin) bestimmt werden kann, und damit in der klinischen Routine seltene, aber gravierende Störungen des Sauerstofftransports übersehen werden können.

Auswirkung der Sauerstoffsättigung auf den BE

Der Effekt des Korrekturterms für die Sauerstoffsättigung (vgl. Gleichung 5) ist proportional zur Konzentration des desoxygenierten Hämoglobins. Bei einer Sauerstoffsättigung von 50 % und einer cHb von 20 g/dL (also 10 g Desoxyhämoglobin pro dL) ergibt sich beispielsweise nach Gleichung 5 ein um 2 mmol/L niedrigerer BE. Der Zusammenhang, daß 10 g Desoxyhämoglobin pro dL den BE um 2 mmol/L erhöhen, kann vom behandelnden Arzt als Ausgangspunkt für Überschlagsrechnungen herangezogen werden.

BEbl im Vergleich gegen den BEecf

Die Basenabweichung des Vollblutes berücksichtigt nicht, daß jede Therapie auch das deutlich größere Volumen der interstitiellen Flüssigkeit beeinflußt. Daraus begründet sich die Forderung, den „klassischen“ BE in der klinischen Routine nicht mehr zu verwenden (SIGGAARD-ANDERSEN 1995, BURNETT 1995).

Wie aus Abbildung 2 ersichtlich ist, bewirkt die Betrachtung des BEbl anstelle des BEecf gerade bei den klinisch besonders relevanten Alkalosen mit Hyperkapnie eine Unterschätzung der Störung, sofern der BEecf als BEbl bei niedriger Hämoglobinkonzentration berechnet wird, wie bei der Referenzformel (Gleichung 6) und in den Geräten von Radiometer und AVL der Fall (vgl. Tabelle). Bei Verwendung der NCCLS-Empfehlungen (Ciba-Corning, IL und Nova Biomedical), die sich nicht durch Einsetzen einer bestimmten Hämoglobinkonzentration aus den BEbl-Konstanten errechnen lassen sind diese Unterschiede zwischen BEbl und BEecf sogar noch verstärkt. BEecf-Werte sind bei diesen Analysatoren durch den Unterschied in der Konstanten K (vgl. Tabelle) primär um ca. 7% größer als entsprechende BEbl-Werte. Bei Azidose wird dieser Unterschied durch die höhere Konstante becf kompensiert, bei Alkalose hingegen weiter verstärkt. Dies bewirkt einen stärkeren Anstieg des BEecf im Vergleich zum BEbl bei Hyperkapnie unter Verwendung der Algorithmen von IL, Nova und Ciba-Corning, der auch durch Vergleich der Abbildungen 3 und 4 feststellbar ist. Die im Vergleich zum BEbl höheren BEecf-Werte bei Hyperkapnie werden durch diese Berechnungsunterschiede noch verstärkt, so daß beispielsweise bei einer vollständig kompensierten metabolischen Alkalose (pH = 7,4, pCO2 80 mmHg) der Unterschied zwischen BEbl und BEecf nach den Berechnungs­methoden von Ciba-Corning etwa 5 mmol/L beträgt (BEbl = 18,7 bzw. BEecf = 23,6 mmol/L).

Tabelle 22:     Konstanten zur Berechnung des BEbl bei konstanter Hämoglobinkonzentration von 5 g/dL unter Verwendung der BEecf-Formel (Gleichung 2). Zum Vergleich sind die Konstanten, die von den Geräten zur direkten BEecf-Berechnung verwendet oder vom IFCC empfohlen werden, (aus Tabelle 2) daneben dargestellt.

* Zu dieser Berechnungsmethode gehört eine Verminderung des BEbl bei unvollständiger
  Sauerstoffsättigung (siehe Kapitel 3.1.1.4).

Die Geräte von IL und Nova verwenden dieselben Konstanten.
Die von Ciba-Corning verwendeten Konstanten entsprechen dem Vorschlag des NCCLS (ehemals National Committee for Clinical Laboratory Standards)[Degen et al., 1996].

 

Es ist durchaus denkbar, daß bei vorliegen entsprechender klinischer Befunde aufgrund dieser nur durch die Betrachtung eines „anderen BE“ bedingten Differenz die Entscheidung für oder gegen eine Argininhydrochlorid- bzw. Salzsäureinfusion gefällt wird, die aufgrund ihres invasiven Charakters sehr vorsichtig und nur „als letzte Maßnahme“ durchgeführt werden sollte [SEELING, AHNEFELD 1988, S. 163].

Bei metabolischen Azidosen, die in der Therapie des hämorrhagischen Schocks und des Polytraumas prognostisch und therapeutisch bedeutsam sind, liegen nach der Berechnungsmethode von ZANDER (1995) und AVL die BEbl-Werte tiefer als entsprechende BEecf-Werte (vgl. Abb. 1). Beispielsweise würde nach RUTHERFORD et al. (1992) eine Basenabweichung des Blutes von –18,6 mmol/L eine Mortalität von über 50% bei jüngeren Traumapatienten ohne Schädelhirntrauma erwarten lassen. Mit dem Gerät von AVL würde bei mäßiger Hyperkapnie (60 mmHg, pH 7,0) statt dieses BEbl jedoch ein BEecf von –15,4 mmol/L angegeben, der wiederum einer Mortalität von knapp 25 % entsprechen würde, wenn er mit diesen Mortalitätsdaten verglichen würde. Bei pH = 7,0 und pCO2 = 80 mmHg ist der BEecf bei AVL sogar 4,0 mmol/L, bei Radiometer 4,1 mmol/L weniger negativ als der „klassische“ BEbl.

Dies verdeutlicht, daß mit der Umstellung von BEbl auf BEecf auch die Grenzwerte, von denen klinische Entscheidungen abhängig gemacht werden, angepaßt werden müssen. Solange nur wenige Studien vorliegen, die den BEecf verwenden, läßt sich für eine Übergangsphase die zusätzliche Angabe des „klassischen“ BE trotz seiner theoretischen Redundanz rechtfertigen. Alle untersuchten Analysatoren geben beide Werte aus. Auch die international besetzte Consensus-Organisation NCCLS (ehemals National Committee for Clinical Laboratory Standards) empfiehlt weiterhin Algorithmen für beide Werte [DEGEN et al., 1996]. Eine weiterhin berechtigte Anwendung des BEbl sind in vitro Versuche, wie zum Beispiel die vorliegenden Tonometer-Meßserien, die ihn aus methodischen Gründen erforderlich machen.

Gerätespezifische Befunde zu den einzelnen BE-Formeln

AVL

Im Handbuch zum Analysator (Anhang S. 11-20) fand sich eine Formel für die Basenabweichung des Vollblutes, die deutlich andere Werte ergab als die Ausgabe des Geräts.

Die nach Rückfrage vom Hersteller zugesandte Formel für den BEbl berücksichtigte die O2-Sättigung, wie bereits über 2 Jahre zuvor angekündigt worden war [ZANDER 1995]. Allerdings gab es Abweichungen des BEbl bis zu 2,8 mmol/L, vor allem bei Proben mit geringen O2-Sättigungen. Eine schriftlich detaillierte Darstellung der Diskrepanzen blieb trotz telefonischer Rückfragen bis heute unbeantwortet. Eine genauere Betrachtung der Formel ergab jedoch, daß das Rechenzeichen vor dem Term zur Korrektur der O2-Sättigung fälschlich ein Pluszeichen war. Jedoch führte auch die Korrektur nicht zur Übereinstimmung mit den Ausgaben des Geräts. Erst das völlige Herausnehmen des Korrekturterms für die Sauerstoffsättigung ergab eine Übereinstimmung. Die Formel im Originalhandbuch unterschied sich von der so erhaltenen nur durch ein fehlendes Klammerpaar. Also korrigiert AVL ebenso wie die anderen untersuchten Analysatoren den BE nicht in Abhängigkeit von der Sauerstoffsättigung.

Ciba-Corning

Die Formeln aus dem Anhang des Operator’s Manual für Bikarbonat, BEbl und BEecf stimmen mit Ausnahme von drei Messungen beim BEbl exakt mit der Geräteausgabe überein. Es handelte sich in diesen drei Fällen um Messungen, bei denen die cHb erst nach Ausdruck eines Meßberichts eingegeben wurde. Der BEbl war in jedem Falle verändert, aber nicht genau so, wie es aufgrund der angegebenen Formel zu erwarten wäre. Es liegt also vermutlich ein Rundungsfehler in der Abfrageroutine für bereits einmal ausgegebene Messungen vor. Obwohl durch diesen Fehler in der Programmierung der Abfrageroutine nur maximale Fehler von 0,2 mmol/L beobachtet wurden, zeigt diese Beobachtung beispielhaft, in welchen unerwarteten Situationen Programmierfehler in Laborgeräten zum Vorschein kommen können.

Die exakte Übereinstimmung in den 392 anderen Fällen ist dadurch erklärbar, daß die Computereinheit zur Ein- und Ausgabe von Daten (User Interface Processor) offensichtlich mit einem Betriebssystem läuft, dessen Fließkommaeinheit ebenfalls mit hoher Genauigkeit rechnet, und daß die Eingangsvariablen (pH, pCO2) gerundet (pH mit drei, pCO2 in mmHg mit einer Nachkommastelle) in die weiteren Berechnungen eingehen.

IL und Nova Biomedical

Die Nova-Geräte das Gerät IL 1620 verwenden dieselben Formeln, die den 1982 vom NCCLS (NCCLS PUBLICATIONS: Vol. 2 No. 10) vorgeschlagenen Formeln entsprechen. Jedoch werden vom NCCLS mittlerweile [DEGEN et al., 1996] andere Kon­stanten vorgeschlagen. Die älteren NCCLS-Empfehlungen unterscheiden sich in vielen Fällen erheblich von allen anderen vorliegend untersuchten Formeln, wobei sich in den meisten Wertebereichen vergleichsweise hohe Werte für die Parameter cHCO3, BEbl und BEecf errechnen (vgl. Abbildungen 3 bis 5). Es erscheint also ratsam, die Geräte auf aktuelle Algorithmen umzustellen, wobei die Benutzer über diese Änderung informiert werden sollten.

Radiometer

Die Berechungsmethoden von Radiometer sind deutlich komplexer als die der anderen Hersteller. Dies erschwerte die Programmierung der Routine zur externen Berechnung. Die Formeln verwenden nur SI-Einheiten. Trotz der großen Zahl an Zwischenschritten in der Berechnung stimmten die Rechenergebnisse und Geräteausgaben gut überein. Dies zeigt, daß im Gerät von Radiometer ebenfalls eine Recheneinheit mit hoher Präzision verwendet wird. Die Verwendung der komplexen Formel wird damit begründet, daß es insbesondere im Bereich hoher Hb-Konzentrationen Diskrepanzen zwischen der den anderen BEbl-Formeln zugrundeliegenden Van-Slyke-Gleichung und dem durch Titration ermittelten Nomogramm von SIGGAARD-ANDERSEN und ENGEL (1960) gebe, z.B. von 2,7 mmol/L bei der ungünstigen Kombination aus cHb = 25 g/dl, BE = 10 mmol/L und pCO= 80 mmHg [CHRISTIANSEN, 1981]. Zwischen der von Radiometer verwendeten Formel und den anderen hier betrachteten BEecf-Formeln ist der maximale Unterschied bei einem BEbl von 10 mmol/L und pCO2 = 80 mmHg jedoch mit 2,1 mmol/L (IL bzw. Nova: 12,1 mmol/L) etwas geringer. Da noch nicht abschließend geklärt ist, was bei metabolischer Alkalose der „wahre in vivo“ BE ist, kann als Gefahr der von Radiometer gewählten und den in vitro Messungen genauer entsprechenden Berechnungsmethode nur angeführt werden, daß ein Arzt, der Berechnungergebnisse der anderen Formeln gewohnt ist, das Ausmaß einer metabolischen Alkalose unterschätzen könnte.

Praktischer Teil

Unterschiede zwischen Geräteausgabe und externer Berechnung

Der geringe Unterschied zwischen den Geräteausgaben und den berechneten Werten bei den errechneten Maßzahlen des Säure-Basen-Status (Tabellen 10 bis 12) muß nicht notwendigerweise auf eine Ungenauigkeit in der Formel zurückzuführen sein. Es ist auch denkbar, daß die Meßwerte mit höherer Genauigkeit oder mit anderen Einheiten in die Berechnungen einfließen, als sie ausgegeben werden. Beispielsweise könnte der pCO2 mit 2 Nachkommastellen in der Einheit Kilopascal berücksichtigt werden, obwohl er mit nur einer Nachkommastelle in der Einheit mmHg ausgegeben wird, was zu geringfügig valideren Ausgabewerten bei geräteinterner Berechnung führen würde. Die im Mittel maximal 0,10 mmol/L und im Extremfall maximal 0,22 mmol/L großen Differenzen wurden als tolerable Rundungsfehler betrachtet, so daß vorliegend alle BEbl-Werte extern berechnet wurden, um die bei den Tonometermessungen nur von zwei Geräten bestimmten Hämoglobinkonzentrationen bei allen Geräten einheitlich zu berücksichtigen.

Wiederholungsgenauigkeit der Analysatoren

Aus Tabelle 14 ist ersichtlich, daß das Gerät Nova Stat Profile 9 (Meßreihen 1-10) die geringste Wiederholungsgenauigkeit aufwies. Die Stabilität des BEecf ist arteriell und venös etwa gleich (in Tabelle 14 wird zwischen den beiden Probenarten nicht unterschieden).

Der Analysator von AVL streute in Serie 2 (Patienten 11 - 20) deutlich mehr, was über­wiegend auf die pCO2-Messung zurückzuführen war (vgl. Tab. 14); aber auch die Wiederholungsgenauigkeit der pH-Messung nahm deutlich ab. Dieses Gerät wies in der ersten Meßserie von 10 Patienten die beste Wiederholungsgenauigkeit auf, in der zweiten Serie jedoch die schlechteste (sowohl bei den arteriellen als auch bei den venösen Messungen). Allerdings hatte es auch in der zweiten Meßserie bei nur 5 von 20 Proben die höchste Streuung der Meßwerte. Es fand sich keine kontinuierliche Verschlechterung der Präzision innerhalb der zweiten Meßserie; zum Beispiel wurden die venösen Proben des 13. und des 18. Patienten durch das Gerät von AVL am stabilsten gemessen. Aus Tabelle 14 geht ebenfalls hervor, daß die BE-Schwankungen des Nova Stat Profile 9 vor allem auf eine Instabilität der pCO2-Elektrode zurückzuführen waren (Standardfehler 2,70 mmHg). Auch die pH-Messungen waren im Vergleich zu den anderen Geräten am wenigsten stabil (Standardfehler 0,0095), allerdings mit geringem Abstand zum Gerät Ciba-Corning 860 (Standardfehler 0,0092).

Die zwischen den Serien mit Patientenblut nicht ausgetauschten drei Analysatoren haben alle in der ersten Serie sowohl arteriell als auch venös geringere Streuungen der pCO2-Meßwerte aufgewiesen als in der zweiten Serie (vgl. Tabelle 14). Dies macht das Auftreten von Alterungsprozessen wahrscheinlich. Bei den Analysatoren von IL und AVL wurden direkt vor den Meßserien und dreimal in der Zeit zwischen den beiden Serien (101 Tage) die Membranen gewechselt, so daß die verringerte Präzision nicht durch gealterte Membranen bedingt war, sondern eher ein Alterungsprozeß der Elektroden selbst oder anderer Teile der Analysatoren vermutet werden muß. Die Elektroden von Ciba-Corning sind laut Hersteller wartungsfrei, jedoch kam es auch bei diesem Gerät zu einer deutlichen Zunahme der pCO2-Streuung zwischen den Meßserien. Die pH-Messung änderte ihre Präzision hingegen weniger, und beim Gerät von Ciba-Corning trat sogar eine Verbesserung der Wiederholungsgenauigkeit ein.

Am Blut gesunder Probanden wurde der pH von allen Analysatoren mit geringerer Streuung bestimmt (mittlerer Variationskoeffizient 0,08 %) als an Patientenblut (mittlerer Variationskoeffizient der zweiten Serie 0,11 %). Bei der Bestimmung des pCO2 war dieser Unterschied geringer (1,9 % bzw. 2,1 %) und uneinheitlich (vgl. Tabelle 14).

Von HILL et al. (1973) wurden bei fünf untersuchten Analysatoren Standardabweichungen des pH bei Doppelbestimmung von 0,04 bis 0,14 gefunden. Bei den pCO2-Messungen in Blut lagen die Standardabweichungen zwischen 2,445 und 5,704 mmHg. Dies zeigt, daß die beim Gerät Nova Stat Profile 9 beobachtete vergleichsweise geringe Wiederholungstreue des pCO2 früher für die marktüblichen Geräte typisch war. Für die anderen Geräte zeigt der Vergleich hingegen eine deutliche Besserung der Präzision der automatischen Analysatoren in den letzten 25 Jahren. Mit halbautomatischen Geräten und den damals neu entwickenten Mikroelektroden wurden allerdings von SIGGAARD-ANDERSEN, ASTRUP und Kollegen bereits 1960 Standardabweichungen bei der pH-Messung von 0,006 für natives und 0,004 für äquilibriertes Blut ermittelt, die in etwa den vorliegend ermittelten Streuungen bei modernen automatischen Analysatoren entsprechen. Die Ergebnisse an nativem Blut waren damals jedoch weniger konstant, was vorliegend nicht festgestellt werden konnte (vgl. Tabellen 20 und 21).

Verteilung der Abweichungen

Zur Bewertung der potentiellen klinischen Relevanz von Meßfehlern ist es wichtig zu wissen, wie oft mit gravierenden Ausreißern gerechnet werden muß, da diese im Gegensatz zu konstanten Differenzen zwischen Geräten oder zu langsamen Driftbewegungen der Meßwerte nicht mit gelegentlichen Kontrollmessungen festgestellt werden können. Besonders bei der Verlaufsbeobachtung von Patienten können spontane Meßfehler von wenigen mmol/L zu bedeutenden Fehleinschätzungen führen.

Wird eine Abweichung von über 2 mmol/L zum Mittelwert der Messungen an derselben Probe als Ausreißer definiert, so kam es insgesamt zu 36 Ausreißern, wovon 32 durch das Gerät Nova Stat Profile 9 gemessen wurden (vgl. Tabelle) und auf Streuung des pCO2 zurückzuführen sind. Der größte Ausreißer betrug 6,3 mmol/L. Von den verbleibenden vier Ausreißern um mehr als 2 mmol/L stammen zwei Messungen mit um etwa 2,3 mmol/L erhöhten BEecf-Werten vom Gerät von IL und sind durch pH-Differenzen bedingt; die beiden verbleibenden Ausreißer waren durch vergleichsweise niedrige pCO2-Werte bedingt und wurden durch die Geräte von AVL (3,3 mmol/L) und IL (2,3 mmol/L) verursacht.

Das Gerät ABL 510 hatte die höchste Wiederholungsgenauigkeit und zeigte bei insgesamt 148 Messungen eine maximale Differenz von +0,66 bzw. –0,67 mmol/L zu den anderen Messungen an derselben Probe.

Die Ausreißer traten stets isoliert auf, wie aus einer Durchsicht der vorliegend nicht abgebildeten Boxplots hervorgeht. Die größten Abweichungen jedes Geräts wurden einzeln geprüft, ohne daß sich Hinweise auf präanalytische Fehler ergaben. Bei den Messungen des Geräts Nova Stat Profile 9 fiel jedoch auf, daß extreme Ausreißer oft bei den ersten Messungen aus einer Spritze auftraten. Allerdings war Nova dabei nur in etwa einem Fünftel der Fälle das erste Gerät, dem die Probe zugeführt wurde, so daß auch hierbei nicht von einem präanalytischen Fehler ausgegangen werden kann. Das Ansaugsystem der Nova-Geräte über eine Nadel läßt auch eine Veränderung des Blutes im Konusbereich nicht in Betracht kommen. Es ist eher zu vermuten, daß sich die pCO2-Elektrode erst wieder „einmessen“ mußte, um dann bei weiteren Messungen etwas präzisere Werte zu liefern.

Tabelle 23:Abfrage PatBEecf eigen DiffAnz; Tono eigen DiffAnz      Verteilung der BE-Werte nach ihrer Differenz zum Mittelwert aller durch denselben Analysator an derselben Probe gemessenen Werte (vgl. Tab. 14). Die Intervalle für die BE-Differenzen sind in [mmol/L] angegeben; darunter findet sich die Anzahl der Messungen, deren BE-Wert minus dem BE-Mittelwert aller Messungen an derselben Probe im jeweiligen Intervall liegt. Für die Messungen an Patientenblut wurde der BEecf errechnet, für die Messungen an Probandenblut hingegen der BEbl. Es wurden die jeweils gerätespezifischen Formeln verwendet.

Die deutlich selteneren Ausreißer bei den Geräten von Radiometer, insbesondere des ABL 510, und das Fehlen von Abweichungen von mehr als 1,2 mmol/L bei diesen Analysatoren ist vermutlich auf ein besseres Erkennen von Inhomogenitäten zurückzuführen. Es wurden auch Ergebnisse mit bis zu 3,7 mmol/L Differenz zum Durchschnitt der anderen Messungen von den Radiometer-Geräten ausgegeben, allerdings waren die Meßprotokolle dabei immer mit einer entsprechenden Warnmeldung versehen, so daß die Messungen nicht berücksichtigt wurden.

Ausschluß von Probenpaaren

Für den Vergleich der Proben mit arteriellem und venösem Blut ist von großer Bedeutung, daß es sich tatsächlich um für den Patienten repräsentatives arterielles beziehungsweise venöses Blut handelt. Bei 5 der Patienten zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen Meßparametern, bei denen keine oder nur sehr geringe Unterschiede zwischen arterieller und venöser Messung zu erwarten sind und die keinen direkten Einfluß auf den BEecf haben. Eine mögliche Ursache für arterio-venösen Differenzen könnte in der Tatsache liegen, daß es sich bei den venösen Proben um Blut aus der V. cava superior handelte, also nicht um gemischt venöses, sondern nur um zentralvenöses Blut. Bei dieser Entnahmeart ist nicht sicher vorhersagbar, aus welchem Teil des Blutkreislaufs das venöse Blut stammt, also welches Gewebe es zuletzt durchlaufen hat. Auf die entsprechende Problematik in Hinblick auf den Sauerstoffstatus wurde von BRANDT und MERTZLUFFT (1991) eingegangen. Bezüglich des Kohlendioxids ist von ähnlichen Effekten auszugehen. Allerdings ist bei der metabolischen Komponente des Säure-Basen-Gleichgewichtes durch eine einmalige Kapillarpassage mit keinen starken Änderungen zu rechnen, zumal die Organe, die in Ruhe die größten Mengen an nichtflüchtigen Säuren produzieren oder eliminieren können (Leber mit Darm, Herzmuskel, Nieren) nicht in die Vena cava superior drainieren. Von ADROGUÉ et al. (1989) konnte eine gute Übereinstimmung der Blutgas- und pH-Werte zwischen zentralvenösem und gemischtvenösem Blut festgestellt werden, so daß die gemischtvenöse Entnahme für unnötig befunden wurde.

Die beobachteten Differenzen in der Hämoglobinkonzentration von bis zu über 50 % und die ausgeprägten Elektrolytdifferenzen wären durch eine unvollständige venöse Durchmischung nur erklärbar, wenn die zentralvenöse Probe zu einem erheblichen Teil aus Infusionslösungen bestanden hätte, die während oder unmittelbar vor der Blutentnahme appliziert wurden und die sich noch nicht vollständig im zirkulierenden Blutvolumen verteilt hatten. Ebenso sind Veränderungen durch Vermischung mit Resten von Infusionslösungen oder von Antikoagulanzien, die zum Offenhalten des Katheters verwendet werden, möglich. Allerdings wurde vor Entnahme der zu analysierenden Spritzen jeweils eine Menge von 5 mL zum Verwerfen entnommen, so daß diese Fehlerquelle durch die angewandte Methodik ausgeschlossen war.  Die Ursache für die beobachteten Unterschiede der Zusammensetzung des arteriellen und venösen Blutes konnte leider nicht geklärt werden.

Kreuzvergleich der BE-Werte zwischen den Analysatoren

Die Differenzen zwischen den Analysatoren bei Messungen aus denselben Proben sind mit durchschnittlich bis zu 4,2 mmol/L (Ciba-Corning –1,41, Nova Stat Profile Ultra +2,83 mmol/L bei den Tonometermessungen, siehe Tab. 16) derart groß, daß damit in vielen Fällen ohne Kenntnis des Analysators keine klinisch brauchbare Aussage möglich ist. Beispielsweise hatte ein Patient (Nr. 18) nach den Meßergebnissen durch das Gerät Nova Stat Profile Ultra einen BEecf venös von –1,8 mmol/L, nach den Messungen durch das Gerät von Ciba-Corning jedoch eine gravierende Azidose von –6,4 mmol/L. Bei einem anderen Patienten (Nr. 17) war nach den Meßergebnissen des Analysators Nova Stat Profile Ultra von einer Alkalose auszugehen (BEecf = +6,0 mmol/L), jedoch gab das Gerät Ciba-Corning 860 einen BEecf von 0,9 mmol/L an. Dabei handelte es sich jeweils um Mittelwerte aus 6 Messungen. Bei Einzelmessungen betrug der maximale Unterschied zwischen zwei Parallelmessungen aus derselben Probe 7,3 mmol/L (Ciba-Corning 860: 1,5 mmol/L, Nova Stat Profile 9: ­5,8 mmol/L). Bei Ausschluß der Messungen des Geräts Nova Stat Profile 9 lag der maximale Unterschied bei 6,5 mmol/L (Nova Stat Profile Ultra: 7,3 mmol/L, Ciba-Corning 860: 0,8 mmol/L). Die Differenz zwischen den Geräten ist offenbar größer als die Gesamtbreite der üblichen Referenzbereiche, so daß jede Blutprobe an mindestensPatBEecf größte Differenz(en) einem der Analysatoren pathologische Werte aufweisen muß. In Anbetracht dieser Differenzen ist eine Festlegung von geräteunabhängigen Referenzwerten nicht möglich.

Wie aus Tabelle 16 ersichtlich, erhöhten sich die Unterschiede zwischen den Analysatoren, die zwischen den Serien nicht ausgetauscht wurden, im zeitlichen Verlauf erheblich, z. B. zwischen Ciba-Corning 860 und AVL Compact 2 von 0,98 auf 4,17 mmol/L. Allerdings hatte in beiden Serien das Gerät Ciba-Corning 860 die niedrigsten BE-Werte, mit statistisch signifikantem Abstand zum IL 1620, mit dem wiederum signifikant höhere BE-Werte als mit dem AVL Compact 2 ermittelt wurden. Die Reihenfolge der nach dem gerätespezifisch berechneten BE geordneten Geräte änderte sich also nicht. Auch die Reihenfolge der nach dem mittleren pCO2 sortierten Geräte ändert sich nicht, jedoch sind die ausgetauschten Geräte an jeweils anderer Position wie ihre Vorgängermodelle (vgl. Tabelle  a). Der Abstand zwischen dem Gerät mit dem niedrigsten mittleren pCO2 (IL) und jenem mit dem höchsten pCO2 (AVL Compact 2) verringert sich sogar von 2,22 auf 1,53 mmHg. Bei den pH-Meßergebnissen drifteten die Analysatoren während der etwa 100 Tage zwischen den beiden Meßserien mit Proben von Patienten hingegen stark auseinander (vgl. Tabelle  b). Das Gerät von AVL gab in Serie 1 um nur 0,0026 höhere pH-Werte als Ciba-Corning aus, in Serie 2 betrug die Differenz hingegen 0,0359. Bei den 8 Tage vor Serie 2 durchgeführten Messungen an zum Teil tonometriertem Probandenblut war der Unterschied noch 0,0268.

Tabelle 24 a und b:

Darstellung der an allen Analysatoren parallel durchgeführten pCO2- (a) und pH-Messungen (b). Die Geräte sind jeweils nach dem Mittelwert der Meßwerte geordnet. Als Maß für die Streuung wurde die Standardabweichung der Differenz zwischen den jeweiligen Meßwerten und dem Mittelwert der Parallelmessungen errechnet. Versetzt zwischen den Zeilen der jeweiligen Analysatoren ist die Irrtumswahrscheinlichkeit p bezüglich der Ungleichheit der Verteilungen der Meßwerte (Wilcoxon Vorzeichen-Rang-Test) angegeben.

PatBEecf Ø der anderen pCO2 masch; Kreuztab Parallelmesungen

 

PatBEecf Ø der anderen pCO2 masch; Kreuztab Parallelmesungen

 

Der Abstand der pH-Mittelwerte zwischen dem Gerät von Ciba-Corning und jenem von IL verringert sich hingegen sogar (von 0,0157 auf 0,0138 zwischen den Patientenserien bzw. auf 0,0026 zwischen der ersten Patientenserie und den Messungen mit Probandenblut; vgl. Tabelle  b). Als naheliegende Ursache käme dafür in Betracht, daß sich der pH der Kalibrationspuffer, mit dem das Gerät von AVL Kalibrationen durchführte, entsprechend erniedrigte, dieser also saurer wurde. Eine mögliche Erklärung dafür wäre eine mikrobielle Kontamination.

Die Austauschgeräte nahmen bei der aufsteigenden Sortierung nach dem pH (vgl. Tabelle  b) in beiden Fällen die Position ihrer Vorgängermodelle ein (Radiometer in mittlerer Position, Nova die höchsten pH-Werte), und auch die Differenz blieb fast konstant, was damit erklärbar ist, daß die pH-Werte der Kalibrationspuffer und deren sonstige Zusammensetzung („Ionenstärke“) im wesentlichen gleich blieben. PatBEecf pH pCO2 Mittelwerte

Klinisch bedenklich ist, daß die Geräte an denselben Proben den pH im Mittel um 0,0349 Einheiten unterschiedlich bestimmen, was über die Hälfte der Breite üblicherweise angegebener Normalbereiche ist (z.B. pH 7,36 bis 7,42; vgl. LARSEN 1999).

Die kontinuierliche Zunahme der vom Gerät AVL Compact 2 gemessenen pH-Werte im Vergleich zu den anderen Geräten stellt einen deutlichen Hinweise dafür dar, daß in diesem Fall relevante technische Probleme bezüglich der Langzeitkonstanz der zur Kalibration verwendeten Pufferlösungen bestanden.

Änderungen bei einheitlicher BEecf-Berechnung

Durch die einheitliche Berechnung nach dem Vorschlag von ZANDER (1995) ergab sich in der ersten Serie der Messungen mit Patientenblut etwa eine Halbierung der Differenz zwischen dem Gerät mit den niedrigsten BEecf-Werten (Ciba-Corning 860) und jenem mit den höchsten (AVL Compact 2) von 1,02 auf 0,47 mmol/L (vgl. Tabelle 16). 3 ½ Monate später bewirkte die einheitliche Berechnung nur noch eine Reduzierung der Differenz um ca. 20 % von 4,57 auf 3,70 mmol/L, was jedoch in diesem Falle 0,87 mmol/L entsprach.

Es zeigte sich also, daß die einheitliche BE-Berechnung bei gut kalibrierten Geräten die Ver­gleichbarkeit zwischen den Meßergebnissen relevant verbessern kann, indem die Differenzen um mehr als die Hälfte gesenkt werden. Wenn die Unterschiede in den Eingangsvariablen zur BE-Berechnung (z. B. aufgrund mangelhafter Kalibration) jedoch zu­nehmen, tritt der Nutzen der einheitlichen Berechnung gegenüber den Meßunterschieden zwischen den Geräten in den Hintergrund.

Kreuzvergleich der integrierten Barometer

In vorliegender Untersuchung ergab sich kein Hinweis dafür, daß Ungenauigkeiten in der Luftdruckmessung zu relevanten Fehlern bei der BE-Bestimmung führten. Die integrierten Barometer stimmten mit maximalen Abweichungen von 3,3 mmHg, was einem relativen Fehler bei der Bestimmung der Gaspartialdrücke von unter 0,5 % entspricht, weitgehend überein. Die systematischen Unterschiede zwischen den Geräten von bis zu 13 % bei der pCO2-Bestimmung (vgl. Tabelle 14) können nicht wesentlich durch Unterschiede bei der Lufdruckmessung verursacht sein. Wesentliche Streuungen zwischen Messungen wurden nicht beobachtet, jedoch kam es während der Versuche zu Änderungen um bis zu 2 mmHg gegenüber dem Referenzbarometer innerhalb von 8 Tagen, die nachkorrigiert wurden. Eine Aussage über die Langzeitkonstanz war nicht möglich.

Einfluß der Hämoglobinkonzentration

Die Hämoglobinkonzentration (cHb) wird von beiden Geräten des Herstellers Nova Biomedical und dem ABL 510 (Radiometer) bestimmt. Sie eignet sich besonders, um Verdünnungseffekte oder Fehler durch Sedimentation von Erythrozyten aufzudecken. In der ersten Serie der Messungen an Patientenblut wurde die cHb nur durch Nova Stat Profile 9 aus dem elektrischen Leitwert des Blutes errechnet. In der zweiten Hälfte erfolgte die Bestimmung im Gerät Nova Stat Profile Ultra durch Messung des Leitwerts mit Natriumkorrektur und im Analysator ABL 510 photometrisch.

Die Standardfehler der Hämoglobinkonzentration bei Wiederholungsmessungen an derselben Probe waren derart groß, daß nur bei drei Patienten (Nummern 1, 13 und 14) statistisch signifikante Unterschiede zwischen der arteriellen und der venösen Probe nachweisbar waren, obwohl sich die Mittelwerte auch bei anderen Probenpaaren um über 10 % voneinander unterschieden (Nummern 2, 4, 9 und 12). Weder bei Nova noch bei Radiometer war durch Betrachtung der Einzelwerte erkennbar, aus welchen Gründen besonders starke Abweichungen auftraten. Zumeist waren starke Abweichungen so häufig, daß sie im Boxplott nicht als Ausreißer ausgewiesen wurden, aber auch die ausgewiesenen Ausreißer sind recht gleichmäßig über die Meßwiederholungen verteilt. Die durchschnittlichen Standardfehler zum Mittelwert der Wiederholungsmessungen betrugen 2,23 (Nova 9), 1,03 (Nova Ultra) und 1,38 (Radiometer) g/dL (Variationskoeffizienten 22,1, 9,5 bzw. 14,5 %).

Für die bloße Berechnung des BEbl, der ja zumeist ohnehin klinisch weniger Bedeutung hat als der BEecf, mag diese geringe Präzision (über 5 % der direkt aufeinanderfolgenden Messungen wichen um mehr als 2 g/dL voneinander ab) in aller Regel genügen. Eine Erhöhung des cHb aller Proben der Patientenmessungen um 2 g/dL hätte den mittleren BEbl von 2,09 auf ­2,17 mmol/L gesenkt (Berechnung nach ZANDER 1995). Die BEbl-Berechnung mit einer cHb von konstant 15 g/dL bei allen Analysatoren hätte statt dessen einen mittleren BEbl von ­2,24 mmol/L ergeben.( HB-Vergleiche Gewichtung) Insgesamt ist der Einfluß der cHb auf den BEbl außer bei starken Anämien und gleichzeitig bestehenden starken Hyper- oder Hypokapnien recht gering (vgl. Abbildung 2). Eine ausgeprägte Anämie eines Patienten muß aufgrund der geringen Wiederholungsgenauigkeit der Geräte ohnehin auf andere Weise diagnostiziert und kontrolliert werden; in diesem Fall kann bei Vorhandensein einer Abnormität des pCO2 mit geringem Aufwand die Hämoglobinkonzentration in die Analysatoren eingegeben werden, falls der Parameter BEbl trotz der Vorzüge des BEecf berechnet werden soll.

Die cHb-Messungen an nativem und tonometriertem Blut gesunder Probanden wiesen nur einen Standardfehler von 0,26 (Radiometer) bzw. 0,33 g/dL (Nova Ultra) auf (Variationskoeffizienten 1,7 bzw. 2,3 % ). Bei Messungen von GOUGET et al. (1992) fand sich ein Variationskoeffizient von 1,6 %. Offenbar wird also die Hämoglobinkonzentration ebenso wie der pH in Blut gesunder Probanden von den vorliegend untersuchten Geräten mit einer wesentlich besseren Präzision bestimmt als in Blut von Patienten während thoraxchirurgischer Operationen.

Vergleich zwischen arteriellen und venösen Messungen

Statistische Verteilung der Differenzen

Die Verteilung der Differenzen aus arteriellen und venösen Proben wich deutlich von der Normalverteilung ab (34 % Wahrscheinlichkeit nach Kolmogorow-Smirnow). Sofern nur Messungen berücksichtigt wurden, bei denen mindestens 6 gültige Messungen je Gerät an beiden Proben eine Standardabweichung von < 0,4 mmol/L aufwiesen, führte dies zu einer noch geringeren Wahrscheinlichkeit im Kolmogorow-Smirnow-Test von 8% mit einer Wölbung von 3,942 (Standardfehler 0,330) und einer Schiefe von 0,978 (Standardfehler 0,166). Als Ursache dafür zeigte die Datensichtung stark erhöhte arterielle Meßwerte bei den Blutproben des sechsten der insgesamt 20 Patienten (Probenpaar 6) und erhöhte venöse Werte bei den Probenpaaren 4 und 5. Der zusätzliche Ausschluß dieser Messungen führt zu einer guten Normalverteilung der 196 verbleibenden arterio-venösen Differenzen (SD 0,402; Wölbung –0,370, SE 0,346; Schiefe 0,131, SE 0,174; p = 78%).

Bei den Probenpaaren 4, 5 und 6 ist also nach den BE-Meßergebnissen ebenfalls eine noch nicht vollständige Verteilung von Infusionslösung oder ein Abnahmefehler plausibel, der sich jedoch im Gegensatz zu den Probenpaaren 1, 9, 12, 13 und 14 nicht durch Meßparameter ohne direkten Bezug zum BEecf nachweisen ließ. Allerdings lag beispielsweise bei Probenpaar 4 eine arterio-venöse cHb-Differenz von 24% und bei Probenpaar 5 eine Glukose-Differenz von 10% vor, die jedoch aufgrund der starken Streuung dieser Meßwerte im Wilcoxon Vorzeichen-Rang-Test nicht signifikant waren.

Wenn nur Messungen berücksichtigt wurden, bei denen mindestens 6 gültige Messungen je Gerät an beiden Proben eine Standardabweichung von < 0,4 mmol/L aufweisen und nur die Probenpaare 2, 3, 7, 8, 10, 11, 15, 16, 17, 18, 19 und 20 eingeschlossen wurden, verringerte sich die Standardabweichungen der verbleibenden arterio-venösen Differenzen von etwa 0,7 mmol/L auf 0,4 mmol/L (mit geringer Abhängigkeit von der verwendeten Formel), aufgrund der geringeren Fallzahl (n = 205) blieb die Breite der Konfidenzintervalle für die arterio-venöse Korrelation jedoch praktisch unverändert (0,113 statt 0,133 mmol/L [–0,167; ­0,034] bei der in der letzten Zeile von Tabelle 18 verwendeten Berechnungsart), und die dadurch bewirkte Änderung der mittleren arterio-venösen Differenzen betrug nur 0,017 mmol/L. Ebenso verbesserte sich R2 als Streuungsmaß der linearen Regression von etwa 0,95 auf 0,97, jedoch gab es keine signifikanten Änderungen der Regressionsgeraden.

Es läßt sich also bei Anwendung dieser verschärften Ausschlußkriterien eine deutlich bessere Annäherung der arterio-venösen Differenzen an die Normalverteilung erreichen. Alle vor­lie­genden statistischen Auswertungen wurden daher auch unter Berücksichtigung nur dieser 205 Messungen durchgeführt. Die Unterschiede zu den Ergebnissen, die sich bei Berücksichtigung der 468 Messungen nach den ursprünglichen Ausschlußkriterien ergaben, sind jedoch gering und statistisch nicht signifikant, so daß sie im folgenden nicht dargestellt werden.

Korrelation zwischen arteriellen und venösen Proben

Die Abbildung 6 zeigt, daß die venöse Überschätzung des BEecf durch Berücksichtigung des Haldane-Effektes in der BEecf-Berechnung bis unter die übliche Anzeigegenauigkeit der Basenabweichugung von 0,1 mmol/L reduziert werden kann. Die Verwendung einer konstanten Hämoglobinkonzentration von 15 g/dL zur BEecf-Berechnung ergibt dabei eine geringfügig, aber statistisch signifikant bessere arterio-venöse Übereinstimmung als die Verwendung der gemessenen Hämoglobinkonzentrationen von durchschnittlich 10,64 g/dL (vgl. Tabelle 18, letzte 2 Zeilen). Dies läßt vermuten, daß der Haldane-Effekt noch nicht ausreichend stark berücksichtigt wurde. Erst wenn der zugehörige Faktor um ¼ erhöht wird (von 0,2 auf 0,25, vgl. Gleichungen 5 und 6), wird der BEecf Unterschied zwischen den arteriellen und den venösen Proben auf +0,003 ± 0,729 mmol/L reduziert.

Von Radiometer wird die formal komplexeste Formel verwendet, die, soweit bekannt, am genausten nach Referenzmessungen modelliert wurde. Wie allerdings aus Tabelle 18 ersichtlich ist, genügt bei dieser Formel der Korrekturterm nach Gleichung 5 ebenfalls nicht, um die Werte der venösen Messungen ausreichend zu reduzieren. Bei dieser Formel ist, wenn die tatsächlichen Hämoglobinkonzentrationen eingesetzt werden und die cHbecf als 1/3 cHbProbe ange­nommen wird, sogar eine Erhöhung des Korrekturfaktors auf 0,3 notwendig, um die mittlere arterio-venöse Differenz praktisch vollständig zu eliminieren (+0,012 ± 0,724 mmol/L, 95%-Konfidenzintervall [-0,078; +0,053]).

Bereits PHILLIPS und PERETZ (1969) kamen zu dem Ergebnis, daß der BE zwischen arteriellen und gemischtvenösen Proben eng korreliert. Der mittlere arterio-venöse BE- Unterschied aus 41 Messungen betrug dabei nur 0,28 mmol/L. Ein paralleler Verlauf des arteriellen und venösen BE wurde auch über den gesamten Verlauf des hämorrhagischen Schocks bei Schweinen gefunden [DAVIS, 1994], wobei die venösen Werte etwa 2,5 mmol/L tiefer als die arteriellen waren, was durch die fehlende sO2-Korrektur erklärbar ist. Bei vorliegenden Messungen (vgl. Tabelle 18) ergab sich eine arterio-venöse BEecf-Differenz vor sO2-Korrektur von etwa 0,6 mmol/L. Diese niedrigere Differenz erklärt sich dadurch, daß bei den vorliegend untersuchten kreislaufstabilen Patienten die mittlere venöse Sauerstoffsättigung noch über 79 % betrug, während sie bei den von DAVIS (1994) untersuchten Schweinen auf bis zu 43 % abfiel.

Bereits 1937 wurde der Haldane-Effekt im pH-Bereich von 7,0 - 7,8 als annähernd konstant mit 0,03 mmol/L je Gramm Hämoglobin angegeben [DILL et al., 1937], so daß auch SIGGAARD-ANDERSEN (1963) die Korrekturformel (vgl. Gl. 5) mit einem Faktor von 0,3 angab, was weitgehend mit den vorliegenden Ergebnissen übereinstimmt.

Zuverlässigkeit von venösen BE-Werten als Ersatz für arterielle BE-Messungen

In bestimmten klinischen Situationen kann es praktikabler sein, den BEecf aus vorhandenem oder leichter zu erhaltendem venösem Blut anstelle von arteriellem zu bestimmen. Wie vorliegend gezeigt, läßt sich die mittlere arterio-venöse Differenz durch entsprechende Berücksichtigung der Sauerstoffsättigung bis weit unter die mit heutigen Geräten zu erwartende Standardabweichung bei Meßwiederholungen reduzieren. Um beurteilen zu können, ob venöse BE-Messungen arterielle tatsächlich ersetzen können, ist es jedoch auch notwendig, die Verteilung der jeweiligen Meßergebnisse auf Übereinstimmung zu prüfen. Zu diesem Zweck kann untersucht werden, ob eine venöse Messung genauso gut wie eine arterielle Messung der jeweils letzten arteriellen Messung entspricht. Die Ergebnisse dieser Prüfungen sind in Tabelle dargestellt. Dort ist ersichtlich, daß der BE im Mittel zwischen zwei aufeinanderfolgenden arteriellen oder venösen Messungen um 0,09 (bei Anwendung der strengeren Ausschlußkriterien aus Kapitel 0 um 0,04 mmol/L) abfiel, was unter anderem Folge der metabolischen Aktivität im Blut während der Zeit ohne Kühlung sein kann. Dieser BE-Abfall darf im arterio-venösen Vergleich nicht erwartet werden, da gepaarte Messungen verglichen werden, bei denen die beiden Spritzen etwa gleich lange für gleich viele Messungen aus dem Eiswasserbad genommen worden waren. Zielwert der mittleren arterio-venösen BE-Differenz ist daher 0.

Tabelle25:       Gegenüberstellung der Mittelwerte der BEecf-Differenzen zwischen je einer Messung an Patientenblut und der folgenden Messung an derselben Probe sowie der BEecf-Differenzen zwischen den arteriellen und venösen Paarmessungen. Es wurden nur die (n = 397) Messungen berücksichtigt, auf die direkt eine gültige arterielle Messung an derselben Probe und eine gültige venöse Messung an der simultan abgenommenen Probe folgte (die jeweils letzten Messungen beim arterio-venösen Vergleich blieben unberücksichtigt: „erste bis vorletzte Messung“). Abfr. PatBEecf Diff zu nxt und ven => PatBEecf Diff zu nxt KonfInt

 

Bei 10 der 15 Probenpaare war die venöse Streuung größer als die arterielle (im Mittel 6 %), was nach dem Wilcoxon Vorzeichen-Rang-Test mit p = 0,03 signifikant ist. Die Streuung zwischen einem arteriellen und einem zugehörigen venösen Meßergebnis war etwa 60 % größer als die Streuung zwischen zwei aufeinanderfolgenden arteriellen Messungen. Die maximale arterio-venöse Differenz betrug bei den hier betrachteten 397 Messungen bei BEecf-Berechnung nach der Formel, die in der letzten Zeilen von Tabelle verwendet wird –2,54 bzw. +2,88 mmol/L, die maximale Differenz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Messungen betrug –1,40 bzw. + 2,1 mmol/L.

Dies bedeutet, daß beim Ersatz einer arteriellen durch eine venöse Messung auch bei sO2-Korrektur mit einer Zunahme der Streuung des BEecf um etwa 60 % im Vergleich zur Mehrfach­bestimmung an derselben Probe gerechnet werden muß. Allerdings kann durch diesen Vergleich keine Aussage darüber gemacht werden, ob die Streuung bei gleichzeitiger arterieller Entnahme über zwei Wege geringer wäre als bei gleichzeitiger arterieller und venöser Entnahme. Ebenso darf nicht vorausgesetzt werden, daß arterielle BEecf-Werte eine größere klinische Aussagekraft haben als venöse.

Bei nicht kompensiertem Kreislauf- oder Lungenversagen oder Schock sollten in jedem Falle arterielle und venösen Proben analysiert werden, da die arteriellen Blutgaswerte eher eine Aussage über die Effizienz der Beatmung ermöglichen, die venösen hingegen eher über den Verlauf der Folgen einer eventuellen Gewebehypoxie [WEIL et al., 1986].

Venöse und arterielle Kontrollmessungen bei gesunden Probanden

Bereits am frisch abgenommenen Blut zeigten sich erhebliche Unterschiede in den venösen BE-Werten, die von den einzelnen Analysatoren bestimmt wurden.

Nach den Messungen des Gerätes Nova Stat Profile Ultra des Analysators der Firma AVL hätte man die subjektiv gesunden Probanden an beiden Tagen in einer Notaufnahme möglicherweise aufgrund einer vermeintlichen metabolischen Alkalose weitergehend untersucht oder sogar therapiert (vgl. Tabellen 20 und 21).

Der venöse CO2-Partialdruck war nach Angabe aller Geräte in der zweiten Meßserie etwa 10 mmHg niedriger als in der ersten Meßserie. Es fällt auf, daß die durchschnittlichen pCO2-Werte am ersten Tag deutlich über den von SIGGAARD-ANDERSEN (1963) und Møller (1959) angegebenen Referenzwerten mit 95% Konfidenzintervallen von 35,8 bis 46,6 mmol/L bzw. 39,3 bis 48,9 mmol/L liegen, auch wenn nach  MÜLLER-PLATHE (1982) und ADROGUÉ (1989) von einem um ca. 5 mmHg höheren pCO2 ausgegangen werden kann, da es sich um venöse Proben handelt. Auch die durchschnittliche venöse Sauerstoffsättigung unterschied sich zwischen den beiden Tagen um 15,3 %. Die Blutabnahmen waren an Personen durchgeführt worden, die sich während mindestens 10 Minuten nicht bedeutsam körperlich betätigt hatten, über normale körperliche Leistungsfähigkeit verfügten und unter keiner Lungenkrankheit litten. Auch der pCO2 der venösen Probe des zweiten Probanden lag noch über dem oberen Referenzwert. Der veno-arterielle Unterschied betrug dabei ca. 10 mmHg. Bei den vorliegenden Messungen an Patientenblut ergab sich während Operationen eine durch­schnittliche veno-arterielle Differenz von nur 3,6 mmHg. Eine mögliche Erklärung für die größere Differenz bei den wachen, gesunden Probanden wäre ein unbewußte mäßige Hyperventilation unmittelbar vor der Punktion der Femoralarterie, da diese verglichen mit einer venösen Blutentnahme einen etwas invasiveren Charakter aufweist.

Im Mittel fiel der BEbl der venösen Kontrolle bei einheitlicher Berechnung am ersten Meßtag um 0,05 mmol/L (vgl. Tabelle 19) während mehr als 6 Stunden Lagerung. In der zweiten Meßserie waren es 0,69 mmol/L bei der venösen und 0,5 mmol/L bei der arteriellen Kontrollprobe in etwa 3 Stunden 15 Minuten. Der pCO2 stieg um maximal 1,24 mmHg an. Innerhalb der je 8 venösen Anfangsmessungen während einer Zeitspanne von 44 (erste Meßserie) bzw. 24 Minuten (zweite Meßserie) fiel der BEbl hingegen um durchschnittlich 0,78 bzw. 0,70 mmol/L. Durch diesen Vergleich wird deutlich, daß kurze Zeiten, in denen das Blut nicht gekühlt wird, einen bedeutend größeren Einfluß auf den BE haben als mehrstündige Lagerungszeiten in Eiswasser.

Der BEbl der arteriellen Probe wurde nach den gerätespezifischen Formeln vor den Messungen an tonometriertem Blut durchschnittlich um 1,78 mmol/L niedriger und nach ca. 3 ¼ Stunden Lagerung um 1,45 mmol/L niedriger als der venöse BEbl errechnet (vgl. Tabelle 19). Bei einheitlicher Berechnung unter Berücksichtigung der Sauerstoffsättigung (Gleichung 6) betrug der Unterschied noch 0,45 bzw. 0,22 mmol/L. Durch Erhöhung des Faktors im Korrekturterm (Gleichung 5) auf 0,3 [mmol/L pro 10 g Hämoglobin] wird die arterio-venöse BEbl-Differenz sogar geringfügig, jedoch nicht signifikant überkompensiert (vgl. Tabelle). Wird jedoch der BEecf statt des BEbl betrachtet, so erhöht sich die arterio-venöse Differenz (abhängig von der Berechnungsmethode) um 0,5 bis 1 mmol/L. Dies ist dadurch bedingt, daß die BEecf-Berechnung (die prinzipiell der BEbl-Berechnung mit niedriger cHb entspricht) bei erhöhtem pCO2, also z. B. bei venöser Messung, im Vergleich zur BEbl-Berechnung höhere Werte ergibt (vgl. Abbildung 2). Bei diesen Messergebnissen würde erst ein Faktor von 0,4 die arterio-venöse Differenz des BEecf weitgehend beseitigen.

Tabelle26:       BE-Differenzen zwischen arteriellen und venösen Blutproben eines gesunden Probanden bei unterschiedlichen Methoden zur BE-Berechnung und verschieden starker sO2-Korrektur. Arterielle und venöse Proben wurden sowohl kurz nach Entnahme als auch am Ende der Meßserie analysiert. Die nach dem t-Test für unverbundene Stichproben signifikanten Differenzen sind fett gedruckt. TonoBE av-Vergl mit CI Diffs; TonoBE av-Vergl mit CI Kreuztab

Allerdings muß kritisch angemerkt werden, daß es sich hierbei um Blutproben nur eines Probanden handelt. Trotzdem wird durch diese Messungen die bereits aus den Meßergebnissen an Patientenblut abgeleitete These gestützt, daß der von ZANDER (1995) vorgeschlagene Korrekturfaktor zum Ausgleich der arterio-venösen BEecf-Differenz zu niedrig gewählt ist.

Einfluß des Tonometrierens auf die Basenabweichung

Für einen Teil der durchgeführte Messungen wurde Blut verwendet, das zuvor im
Tonometer IL 237 mit bekannten Gaspartialdrücken einheitlich 15 Minuten bei 37°C äquilibriert worden war. In den Lungen benötigt der Gasaustausch hingegen physiologisch etwa 0,3 s möglich [THEWS, 1990], also ca. 1/2000 der zum Tonometrieren benötigten Zeit. Während des Tonometrierens fiel bei vorliegenden Messungen der unter Berücksichtigung der sO2 errechnete BEbl um durchschnittlich –2,17 mmol/L ab (vgl. Tabelle 19). Es fällt jedoch auf, daß der BE-Abfall der tonometrierten Blutproben im Vergleich zur venösen Ausgangsmessung im Verlauf beider Serien kontinuierlich geringer wird, obwohl sich die Reihenfolge der Gase unterschied. Dies macht einen präanalytischen Fehler plausibel. Von Lagerungseffekten wäre jedoch ein Abfall, und nicht wie vorliegend beobachtet ein Anstieg des BE zu erwarten. Wie an den venösen und arteriellen Kontrollmessungen festgestellt werden konnte, waren die BE-Veränderungen durch Lagerung in Eiswasser gering (vgl. auch MÜLLER-PLATHE, 1982).

Der geringere BE-Abfall nach Geräteangaben am zweiten im Vergleich zum ersten Tag ist offenbar durch die höhere Sauerstoffsättigung des venösen Blutes in der zweiten Serie bedingt. Bei einheitlicher Berechnung unter Berücksichtigung der Sauerstoffsättigung (Gleichung 6), beträgt der mittlere BE-Unterschied zwischen den venösen Kontrollmessungen und allen Messungen an tonometriertem Blut an beiden Tagen 2,2 mmol/L. Eine mögliche Ursache für diesen geringeren BE-Abfall im Verlauf der Tonometermessungen könnte darin liegen, daß in Blut, das länger gekühlt gelagert wurde, das Tonometrieren einen geringeren BE-Abfall bewirkt.

Aufgrund der starken und nicht konstanten Senkung des BE durch das Tonometrieren selbst muß dieses für Gaspartialdrücke etablierte Verfahren nach vorliegenden Ergebnissen als nur sehr bedingt geeignet für die Untersuchung der Basenabweichung angesehen werden.

Vergleich der sauerstoffreichen mit den sauerstoffarmen Proben

Der Einfluß des Haldane-Effekts wird durch Vergleich der mit sauerstofffreiem Gas (Gas 3, vgl. Tabelle 5) tonometrierten Proben mit den anderen Proben deutlich, deren Hämoglobin fast vollständig O2-gesättigt war (Gase 1, 2 und 4). Der Mittelwert der Geräteangaben lag beim sauerstofffreien Gas um durchschnittlich 2,76 mmol/L höher. Bei Verwendung des Korrektur­terms für die Sauerstoffsättigung (Gl. 5) wird die BEbl-Differenz fast vollständig beseitigt. Eine Aussage, ob in diesem Fall der verwendete Faktor von 0,2 in Gleichung 5 tatsächlich ausreichend ist, um den Haldane-Effekt zu eliminieren, läßt sich mit vorliegenden in vitro Messungen aufgrund des überlagerten Effekts der BE-Änderung während des Tono­metrierens jedoch nicht machen. Es kann auch vermutet werden, daß sich der durch das Tonometrieren bewirkte BE-Abfall bei Verwendung von sauerstofffreiem Gas von jenem bei Anwesenheit von Sauerstoff unterscheidet. Dies könnte z. B. überprüft werden indem zwei Blutproben in unter­schiedlicher Reihenfolge mit einem O2-reichen und einem O2-armen Gas tonometriert werden.

Falls der von ZANDER (1995) empfohlene Faktor durch Messungen an tonometriertem Blut ermittelt wurde, könnte ein geringerer BE-Abfall beim Tonometrieren mit sauerstoffarmem Gas (z. B. durch verminderten Metabolismus) die Ursache dafür sein, daß dieser Faktor wie vorlie­gend gezeigt bei Messungen an nativem arteriellen und venösem Blut die BE-Unter­schiede nicht vollständig beseitigt.

Die Messung an sauerstofffrei tonometriertem Blut war mit dem Gerät Nova Stat Profile Ultra nur für die erste bzw. die ersten drei Messungen möglich, bei denen noch Sauerstoffpartial­drücke von durchschnittlich 5,25 mmHg ausgegeben wurden. Danach gab das Gerät nur Fehler­meldungen aus, bis wieder eine Probe mit höherem Sauerstoffpartialdruck zugeführt wurde. Bei den anderen Geräten kam es mit dem sauerstofffreien Gas außer einer vergleichsweise hohen BE-Streuung in der ersten Meßserie zu keinen Auffälligkeiten; allerdings gab insbesondere AVL einen unrealistisch hohen Restsauerstoff an. Derart niedrige Sauerstoffpartialdrücke haben zwar für Blut keine klinische Relevanz, dennoch geben alle Hersteller in den Handbüchern die pO2-Meßbereiche ab 0,0 mmHg an (vgl. Tabelle 7).

Bedeutung von Pufferlösungen als Qualitätskontrollmaterial

Aufgrund der vorliegend beobachteten starken BE-Differenzen zwischen verschiedenen Analysatoren und der Drift einzelner Geräte im zeitlichen Verlauf wäre es wünschenswert, wenn für die klinische Routine Lösungen zur Qualitätskontrolle verfügbar wären, die einen definierten BE-Wert aufweisen, da kein klinisch für Routinelabors praktikables Referenz­verfahren für die BE-Bestimmung existiert. Auch die Tonometrie als klassisches Referenz­verfahren der Blutgasanalytik ist aufwendig und aufgrund des im vorherigen Kapitel bespro­che­­nen deutlichen BE-Abfalls durch das Tonometrieren selbst nur eingeschränkt für den BE verwendbar. Herkömmliches Qualitätskontrollmaterial für die Blutgasanalytik ist zur Kontrolle der Basenab­weichung nicht befriedigend verwendbar, da die Zielwert-Bereiche für pH und pCO2 so groß sind, daß sich daraus BE-Zielwert-Bereiche von bis zu 8 mmol/L Spannweite errechnen [ZANDER 1995, 2. Referenz]. Daher wurde am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Uni­versität Mainz eine Lösung auf Basis von N-(2-Hydroxyethyl)-Piperazin-N’-2-Ethan­sulfon­säure (HEPES) entwickelt (hergestellt durch Fa. Bioanalytik, Umkirch / Freiburg), deren pH-Wert sich bei Änderungen des pCO2 (durch Gasäquilibrierung) und der Basenabweichung (durch Titration) gleich verhalten soll wie Blutplasma. Sie wird als „physiological Acid Base Control“, kurz „pABCo“, bezeichnet. Durch Titration mit Salzsäure oder Natronlauge kann eine Basenabweichung der Lösung eingestellt werden, die auch bei Änderungen des pCO2 konstant bleibt, was wiederum die Angabe eines engeren BE-Zielbereiches ermöglicht, da Änderungen eines der Parameter bei Lagerung oder nach dem Öffnen der Ampulle gegen­läufige Änderungen des anderen Parameters verursachen, so daß sich der BE beispielsweise bei Entweichen von Kohlendioxid durch falsche Handhabung nicht wesentlich ändert.

Den fünf für die Messungen an tonometriertem Blut vorliegend verwendeten Analysatoren wurde auf den physiologischen pK eingestellte HEPES-Lösung (pABCo) mit den Zielwerten für den BE von 10 ± 2, 0 ± 2 und –10 ±2 mmol/L je dreimal nacheinander zur Analyse zuge­führt. Die Messungen wur­den 16 Tage vor der ersten Serie der in vitro Messungen bzw. 24 Tage vor der zweiten Serie der Messun­gen an Patientenblut durchgeführt. Die Meßergebnisse sind in Tabelle zusammengestellt.

Da die pABCo-Pufferlösungen hämoglobinfrei sind und sich wie Blutplasma verhalten sollen, ist die Unterscheidung zwischen BEbl und BEecf nicht sinnvoll. Aufgrund der unterschiedlichen Algorithmen unterschieden sich die von den Geräten errechneten Werte jedoch bei Messungen an pABCo um bis zu 2,5 mmol/L (Tabelle). Bei einheitlicher BEecf-Berechnung unter Verwendung eines Drittels der Hämoglobinkonzentration (also ebenfalls 0 g/dL) unterscheidet sich der BEecf der Pufferlösung hingegen nicht vom BEbl (vgl. letztes Spaltenpaar in Tabelle).

Es zeigte sich, daß das Gerät von Radiometer den BEbl bis zu 4,74 und den BEecf bis zu 4,45 mmol/L niedriger als den jeweilige Zielwert angibt (Tabelle). Auch das Gerät IL 1620 bestimmt BEbl-Werte, die bis zu 2,26 mmol/L unter dem Zielwert und damit außerhalb des Zielbereichs liegen. Die BEbl-Ergebnisse aller anderen Geräte liegen im Zielbereich (Zielwert ± 2 mmol/L). Außer bei metabolischer Azidose liegen auch die einheitlich aus den pH- und pCO2-Meßwerten des Geräts von IL berechneten BE-Werte außerhalb des Zielbereichs. Bei metabolischer Alkalose ergibt die einheitliche Berechnung auch für das Gerät von Nova Biomedical ein Ergebnis außerhalb des Zielbereichs. Trotz des für den klinischen Einsatz immer noch unbefriedigend breiten Zielbereichs von 4 mmol/L für diese Qualitätskontrollen, wird dieser also trotzdem nicht zuverlässig von allen Geräten getroffen.

Tabelle 27:      Meßergebnisse an HEPES-Pufferlösung mit physiologischem pK, aufsteigend nach dem BEbl sortiert. pABCo Übersicht

BE*     =    Mittelwert der nach der gerätetypischen Formel errechneten BEbl- (cHb = 0 g/dL) bzw. BEecf-Werte;
BE**        =    Mittelwert der nach ZANDER (1995; vgl. Gleichung 1 und Tabelle 1) mit cHb = 0 g/dL einheitlich
                   berechneten BE Werte.

 

Die an den pABCo-Pufferlösungen gemessenen BE-Werte unterscheiden sich trotz der relativ geringen Anzahl von Messungen zwischen den Analysatoren signifikant (vgl. Tabelle). Die Reihenfolge der nach dem durchschnittlichen BE aufsteigend sortierten Geräte, ist gegenüber der in Tabelle 16 für Blut ermittelten Sortierreihenfolge völlig verschieden. Insbesondere bestimmte das Gerät von Ciba-Corning bei Blut immer die niedrigsten, an den Pufferlösungen hingegen die höchsten Basenabweichungen im Gerätevergleich. Radiometer hatte bei Blut regelmäßig BE-Meßergebnisse im Bereich zwischen den anderen Geräten, ermittelte jedoch an den Pufferlösungen Werte, die weit niedriger als die Zielwerte der Kontrollösungen und die Resultate der anderen Geräte waren.

Die mittlere Standardabweichung des pH lag bei diesen Messungen bei 0,0022; bei den Messungen mit Blut an denselben Geräten (zweite Hälfte der Messungen mit Patientenblut und die Serien mit tonometriertem Blut) betrug sie 0,0068. Für den pCO2 lauten die jeweiligen Standardabweichungen 0,568 für Pufferlösung und 0,931 mmHg für Blut. Von normalem Säure-Basen-Status ausgehend, bewirkt die Addition der Streuung des pH zu dessen Normalwert (7,4) einen BE (nach ZANDER, 1995) von 0,15 (pH = 7,4022, pCO2 = 40 mmHg) bzw. 0,48 mmol/L (pH = 7,4068, pCO2 = 40 mmHg), und die Addition der pCO2 Streuung einen BE von 0,27 (pCO2 = 40,568 mmHg, pH = 7,4) bzw. 0,44 mmol/L (pCO2 = 40,931 mmHg, pH = 7,4). Es wird also deutlich, daß die Wiederholungsvariabilität der pH Messung bei den Kontrollösungen einen geringeren Einfluß auf den BE hat als die Variabilität des pCO2, wohingegen der Einfluß beider Parameter bei den Messungen an Blut etwa gleich war.

Tabelle 28:      Darstellung der an allen Analysatoren parallel durchgeführten BE-Messungen [mmol/L]. Aufbau der Tabelle und Berechnung der Werte entspricht Tabelle 16. Die Geräte sind jeweils nach dem Mittelwert der ausgegebenen BEbl-Werte geordnet. Als Maß für die Streuung wurde die Standardabweichung der Differenz zwischen den jeweiligen Meßwerten und dem Mittelwert der Parallelmessungen errechnet. Versetzt zwischen den Zeilen der jeweiligen Analysatoren ist die Irrtumswahrscheinlichkeit p bezüglich der Ungleichheit der Verteilungen der Meßwerte (Wilcoxon Vorzeichen-Rang-Test) angegeben.

Ergänzende p-Werte:

* p (IL 1620; Nova Stat Profile 9) = 0,0109                + p (AVL Compact 2;Ciba-Corning 860) = 0,3139

x p (IL 1620; Nova Stat Profile 9) = 0,0109                 ° p (AVL Compact 2;Ciba-Corning 860) = 0,0663

 

pABCcoBE Ø der anderen Masch

Der größte Unterschied zwischen den durchschnittlichen pH-Werten eines Geräts lag bei 0,0238 für Messungen an pABCo-Kontrollösung (Radiometer – Ciba-Corning; vgl. Tabelle  b), für die Messungen mit Patientenblut betrug er bei 0,0378 (Ciba-Corning – Nova; vgl. Tabelle  b, Serie 2). Also unterscheiden sich die Geräte bei der pH-Bestimmung an Pufferlösung weniger stark als an Blut, was dadurch begründet werden kann, daß die automatische Kalibrierung der Geräte ebenfalls mit HEPES-Pufferlösung durchgeführt wird. Beim Vergleich von fünf anderen Blutgasanalysatoren stellten DEVGUN et al. (1983) eine etwa doppelt so große (0,047) durchschnittliche pH-Differenz zwischen den zwei sich am meisten unterscheidenden Geräten bei Messungen von Kontrollösungen fest.

Für den pCO2 betrug die maximale Differenz zwischen den Mittelwerten 3,37 mmHg (Radiometer – AVL) bei pABCo-Messungen, 1,53 mmHg für Patientenblut (IL – AVL) und 2,24 mmHg in den Tonometer-Meßserien. Obwohl die Kohlendioxidpartialdrücke bei Messungen an pABCo eine um etwa 1/3 bessere Wiederholungsgenauigkeit haben (vgl. Spalte „Streuung“ in Tabelle ), unterscheiden sich die Geräte untereinander also deutlich stärker als bei Messungen an Blut. DEVGUN et al. (1983) ermittelten bei Kontrollösungen eine mittlere pCO2-Differenz zwischen zwei aus fünf Geräten von maximal 2,17 mmHg. VAN KESSEL et al. (1987) ermittelten eine Differenz zwischen zwei aus 10 Geräten (9 Modelle, 4 Hersteller) von maximal 3,3 mmHg bei einem Zielwert von 20 mmHg und von maximal 6,4 mmHg bei einem Zielwert von 70 mmHg an tonometriertem Blut, wobei die Differenzen offenbar mehr vom einzelnen Gerät als vom Hersteller abhängig sind. Auch die Standardabweichungen lagen etwa im Bereich der vorliegend festgestellten, wobei allerdings die maximalen Standardabweichungen bei etwa 2 mmHg lagen. Es befanden sich keine Geräte von Nova Biomedical oder AVL unter den Testgeräten.

Insgesamt scheinen also die vorliegend beobachteten Unterschiede zwischen den Analysatoren bei pH- und pCO2-Messungen für heute verbreitete Analysatoren üblich zu sein.

Tabelle 29 a und b:

Darstellung der an allen Analysatoren parallel durchgeführten pCO2- (a) und pH-Messungen (b) an HEPES-Lösung („pABCo“). Die der Aufbau dieser Tabelle entspricht Tabelle .

PatBEecf Ø der anderen pCO2 masch; Kreuztab Parallelmesungen

 

Wie aus Tabelle  im Vergleich mit Tabelle  ersichtlich ist, unterschied sich sowohl beim pCO2 als auch beim pH das Verhältnis der Ergebnisse zwischen den Messungen an Pufferlösung und den Messungen an Blut signifikant voneinander. Beispielsweise ermittelte das Gerät Nova Stat Profile Ultra bei pCO2-Messungen sowohl mit Patientenblut als auch mit tonometriertem Blut (vgl. Tabelle ) signifikant höhere Kohlendioxidpartialdrücke als das Gerät von Ciba-Corning; bei den Messungen an Kontrolllösungen waren sie hingegen bei allen drei untersuchten pABCo-Arten (vgl. Tabelle) und insgesamt signifikant niedriger (vgl. Tabelle ). Bezüglich des pH hat das Gerät von Ciba-Corning bei Messungen mit pABCo signifikant höhere Werte als alle anderen Geräte außer jenem von Nova, wohingegen es mit Blut in allen Meßserien die niedrigsten Werte ermittelt. Auch das Gerät von IL ermittelte an pABCo signifikant höhere Werte als jenes von Radiometer. Mit Blut wurden hingegen durch das Gerät IL 1620 bei den im selben Monat durchgeführten Messungen signifikant niedrigere Werte festgestellt.

Es darf also nicht unkritisch angenommen werden, daß eine Übereinstimmung zwischen Meßwert und Zielwert bei einer Qualitätskontrolle auch valide Messungen an Blut garantiert. Die je nach Analysator unterschiedlichen Zielbereiche, die bei kommerziell vertriebenen Qualitätskontrollmaterialien angegeben werden, haben vermutlich die Aufgabe, gerätebedingte Unterschiede zwischen Messungen in diesen Pufferlösungen und Messungen in Blut auszugleichen. Allerdings ist fraglich, ob bei Bestimmung der Zielbereiche tatsächlich nur gerätetypspezifische Unterschiede (Aufbau der Elektroden, Zusammensetzung von Pufferlösungen in den Elektroden) berücksichtigt wurden, oder ob auch zeitweilige (wie z.B. der vorliegend beobachtete pH-Drift beim Gerät von AVL) oder durch Eigenheiten des speziellen Exemplars bedingte Unterschiede (wie z.B. vorliegend bei der pCO2-Bestimmung durch die beiden Nova-Geräte) maßgeblich in die Zielwertfestlegung eingingen. Da die Hersteller von Geräten auch Kontrollmaterialien anbieten, für die auch Zielbereiche für eine willkürlich erscheinende Auswahl von Geräten der Konkurrenzunternehmen angegeben sind, wäre es vorstellbar, daß diese Zielbereiche an wenigen oder sogar jeweils nur einem Exemplar einer Gerätegrupp mit gleicher Meßvorrichtung bestimmt wurden.

Die Auswertung der Daten der Messungen an Fluorocarbon-Qualitätskontrollösungen durch über 900 bei der American Thoracic Society registrierte Analysatoren [HANSEN et al., 1998] zeig­te systematische Fehler zwischen den Geräten verschiedener Hersteller, die weder mit den vor­liegend für Blut noch für Qualitätskontrolllösungen festgestellten übereinstimmten. Die maxi­malen Unterschiede zwischen dem Mittelwert aller Messungen der Geräten verschiedener Hersteller (Ergebnisse von Analysatoren der Firma Nova Biomedical wurden nicht publiziert) lagen dabei für den pCO2 bei bis zu 4 mmHg bei 40 mmHg (AVL > Radiometer) und für den pH bei knapp 0,04 im pH-Bereich 7,3 bis 7,4; dies stimmt etwa mit den vorliegenden Ergebnissen überein.

PatBEecf Ø der anderen pCO2 masch; Kreuztab Parallelmesungen

Methodenkritik

In dieser Studie wurden nur beatmete Patienten in stabilem klinischem Zustand aufgenommen, die alle einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt oder eine mäßige metabolische Azidose aufwiesen. Aus Tabelle ist ersichtlich, daß die venösen Proben bei kritischeren klinischen Bildern einen relativ niedrigeren BEecf aufweisen. Bei Betrachtung des BEbl anstelle des BEecf wird die arterio-venöse Differenz ebenfalls größer; dies ist darauf zurückzuführen, daß bei hohen Kohlendioxidpartialdrücken (z. B. in venösem Blut) BEbl-Werte niedriger als BEecf-Werte sind, sich bei Normokapnie jedoch weitgehend entsprechen. Sofern niedrige Hämoglobinkonzentrationen in die Gleichungen eingesetzt werden, ähnelt der BEbl hingegen eher dem BEecf, wodurch auch die arterio-venöse Differenz kleiner wird (vgl. Abbildung 2).

Alle Proben wurden den Patienten aus Verweilkathetern und den Probanden durch direkte Punktion entnommen. Von RISCH et al. (1999) wurde ein signifikanter pO2-Unterschied zwischen durch direkte Punktion gewonnenen Proben und solchen aus Verweilkathetern bei Sauerstoffpartialdrücken von durchschnittlich etwa 500 mmHg ermittelt. Für die anderen Parameter der Blutgasanalytik liegen keine Untersuchungen vor, es ist jedoch von bedeutend geringeren Unterschieden auszugehen, wie sich aus Studien zur Ermittlung der Gasdiffusion durch Kunststoffspritzen vermuten läßt [MÜLLER-PLATHE et al., 1992].

Zum Vergleich zwischen arteriellen und kapillaren Messungen des Säure-Basen-Status wurden bereits viele Studien durchgeführt, die zwar z. B. bei Patienten im Schockzustand bedeutende Unterschiede des pH und pCO2 aufzeigten, jedoch nicht bezüglich des BE [SIGGAARD-ANDERSEN 1968]. O’SULLIVAN (1971) schloß aus eigenen Messungen, daß bezüglich des Säure-Basen-Haushaltes auch periphervenöse Proben völlig angemessen sind, selbst bei Patienten im Schockzustand; dies steht im Widerspruch zu PHILLIPS et al. (1969).

Leider mußte vorliegend auch ungeklärt bleiben, warum bei fünf der zwanzig Patienten große arterio-venöse Differenzen sowohl in den Blutgas-Meßwerten als auch in anderen Parametern bestanden. Daraus läßt sich zumindest die Forderung ableiten, bei Probenentnahme zu kontrollieren, daß es sich tatsächlich um repräsentative Proben des Patienten handelt. Zu diesem Zweck können wie vorliegend Parameter ohne relevanten Einfluß auf pH und pCO2 verglichen werden. Aus diesem Grund ist eine Bestimmung der Hämoglobinkonzentration in den Analysatoren sinnvoll, obwohl die hier festgestellte Meßgenauigkeit für den regulären klinischen Einsatz noch nicht ausreichend ist.

Der Haldane-Effekt konnte zwar auch bei vorliegenden in vitro Messungen deutlich aufgezeigt werden, aufgrund der starken Veränderung des BE durch den Vorgang des Tonometrierens war jedoch eine zuverlässige Qualifizierung nicht möglich.

Tabelle 30:      Darstellung der aus den Mittelwerten von pH, pCO2 und pO2 errechneten arterio-venösen BE-Differenzen [mmol/L] aus drei verschiedenen Studien. Zum Vergleich sind die Ergebnisse der vorliegenden Patientenmeßreihen ebenfalls dargestellt.

                         Die drittletzte Spalte wurde nach Gleichung 6 berechnet; in der viertletzten Spalte wurde der Faktor des sO2-Ausgleichsterms aus Gleichung 6 auf 0,3 mmol/L pro g Hb erhöht. Die beiden letzten Spalten entsprechen den in den Geräten von Radiometer verwendeten Gleichungen für SBE (BEecf) und ABE (BEbl) und entsprechen weitgehend dem Nomogramm von SIGGAARD-ANDERSEN und ENGEL (1960).

                         Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß bei verschiedenen pathologischen Zuständen der venöse BE deutlich niedriger als der arterielle sein kann, und daß die Berechnung des BEbl relativ niedrige venöse Werte ergibt, so daß bei diesem errechneten Wert die Berücksichtigung des Haldane-Effekts nicht notwendig erscheint. Vergleichsstudien BEecfs av-Vergl; Vergleichsstudien Vergleichbarkeit

Anmerkungen: Da die BE-Berechnung aus Mittelwerten der Eingangsvariablen mathematisch nicht korrekt ist, aber aufgrund der Mittelwertbildung in den Tabellen der verwendeten Studien nicht vermeidbar war, wurde bei den eigenen Daten der BE sowohl für jede Probe einzeln berechnet (vgl. Tab. 18) als auch aus den Mittelwerten berechnet (letzte beiden Zeilen). Die genügende Zuverlässigkeit dieses Berechnungsverfahrens konnte auch dadurch bestätigt werden, daß sich bei den Tonometermessungen ebenfalls keine bedeutenden Differenzen zwischen diesen beiden Arten der Mittelwertbildung ergaben (maximal 0,047 mmol/L).

Da in diesen Vergleichsstudien die Hämoglobinkonzentrationen der Proben nicht erwähnt wurden, wurde einheitlich vom Standardwert 15 g/dL ausgegangen. Dies erscheint bei teilweise multi­mor­biden Patientenkollektiven hoch, wurde jedoch in der einzigen dieser Studien, die BE-Werte angibt [TRANCIK et al., 1974], offenbar ebenfalls getan. Bei der BE-Berechnung aus den Werten von WEIL et al. (1986) mußte von einem arteriellen pO2 von 100 mmHg und einem venösen pO2 von 30 mmHg (in Anlehnung an die Werte von ADROGUÉ) ausgegangen werden, da keine Werte angegeben wurden.

 

Schlußbetrachtung und Ausblick

Argumente für die Berücksichtigung der Sauerstoffsättigung bei der BEecf-Bestimmung

Gegenwärtig ersetzt der BEecf zunehmend den klassischen in vitro BEbl. Vorliegend konnte gezeigt werden, daß bei Verwendung des BEecf die Berücksichtigung der Sauerstoffsättigung noch notwendiger ist als bei Verwendung des BEbl, für den sie bisher nur empfohlen wurde, ohne daß sie sich bei den Geräteherstellern, in der klinischen Routine und in allen Bereichen der Forschung durchsetzen konnte. Die wahrscheinliche Ursache dafür besteht darin, daß venöse BEbl-Werte häufig niedriger als arterielle sind, obwohl aufgrund des seit über 80 Jahren bekannten Haldane-Effekts das Gegenteil zu erwarten wäre. Diese „Überraschung“ [TRANCIK et al., 1974] ist jedoch, wie vorliegend gezeigt, ein Artefakt aufgrund der Annahme einer vorgegebenen Hämoglobinkonzentration von zumeist 15 g/dL, obwohl die wirksame Hämo­globinkonzentration in dem Flüssigkeitskompartiment, dessen Säure-Basen-Status tatsächlich gemessen und therapiert wird, bei den meisten Patienten sogar weniger als 5 g/dL beträgt (Ausgleich von Blut mit dem größeren interstitiellen Flüssigkeitsraum und Häufigkeit von Anämien insbesondere bei älteren und multimorbiden Patienten). Wenn eine entsprechende Hämoglobinkonzentration bei der Berechnung zugrunde gelegt wird, also der BEecf berechnet wird, ist von einem relativen Anstieg des venösen BEecf auszugehen, der korrigiert werden sollte. Die vorliegend durchgeführte sO2-Korrektur des BEecf läßt sich ohne produktionstechnischen Mehraufwand in moderne Blutgasanalysatoren integrieren. Bei arteriellen oder kapillaren Proben führt sie bei befriedigender Oxygenierung zu keiner Änderung der Ergebnisse; bei venösen Proben führt sie hingegen zu einer deutlich besseren Vergleichbarkeit. Es ist zu vermuten, daß die sO2-Korrektur auch bei schlechter Lungenfunktion eine bessere Voraussage der zu erwartenden Effekte einer ausreichenden Beatmung auf den Säure-Basen-Status ermöglicht.

Die aus Messungen von ADROGUÉ et al. (1989), MARK et al. (1991), TRANCIK et al. (1974) und WEIL et al. (1986) vorliegend ermittelte stärkere venöse als arterielle BEecf-Senkung bei kritisch Kranken (vgl. Tabelle) hat möglicherweise eigenständige diagnostische Bedeutung, was Thema weiterer Untersuchungen ist. 

Beispielrechung zur Fehleraddition

Die Summe der in der Blutgasanalytik bestehenden Fehlermöglichkeiten ist wie vorliegend gezeigt immer noch beträchtlich. Dies zeigt sich bei der Berechnung der Basenabweichung besonders deutlich, da sich in diesem Wert Meßfehler bei der Bestimmung von pH und pCO2 gegenseitig verstärken können und zusätzlich durch die Berechnung bedingte Unterschiede bestehen. Systematische Fehler zwischen den Geräten können im ungünstigen Fall auf etwa 5 mmol/L quantifiziert werden. Ausreißer bei Einzelmessungen von über 6 mmol/L wurden beobachtet. Falls zu diesen Fehlern noch BE-Formelunterschiede von 4 mmol/L und ein Fehler durch Nichtbeachtung der Sauerstoffsättigung bei einer venösen Probe von 2 mmol/L hinzukämen, könnte bei sehr ungünstiger Addition der Fehler ohne jegliche präanalytische Fehler ein Gesamtfehler von 17 mmol/L entstehen, also z.B. bei einem Patienten mit völlig normalem Säure-Basen-Status irrtümlich eine schwere metabolische Alkalose ermittelt werden.

Gründe für die Notwendigkeit einer weiteren Verbesserung der Meßgenauigkeit

Aus einer Standard­abweichung bei Paarmessungen von 0,40 mmol/L und der intra-individuellen Varianz wurde von HARDING und FRASER (1987) errechnet, daß zwei BE-Werte mindestens 3,3 mmol/L auseinander liegen müssen, um als signifikant ver­schie­den gelten zu können. Dies wurde als Argument dafür gesehen, daß der klinische Gebrauch dieses abgeleiteten Parameters insgesamt verwirrend sein könnte. Die durchschnittliche Standardabweichung bei Wiederholungsmessungen betrug vorliegend 0,49 mmol/L (Mittelwert der BE-Streuungswerte aus Tabelle 14). Da die Basenabweichung jedoch ein großes diagnostisches Potential bietet, ist eine weitere Steigerung der Meßgüte anzustreben. Dabei sind insbesondere die Hersteller der Geräte gefordert. Wie aus den Unterschieden zwischen den Geräten ersichtlich ist (vgl. Tabelle), besteht auf dem Gebiet der Präzisionsverbesserung und der Fehlerdetektion durch die Analysatoren noch in unterschiedlichem Maße Verbesserungspotential. Auch die Langzeitkonstanz (z.B. von Kalibrationspuffern und Elektroden) sollte noch wesentlich verbessert werden, und die Analysatoren sollten Instabilitäten der Meßein­richtungen zuverlässiger feststellen. Damit die Möglichkeit besteht, Fehlfunktionen der Geräte aufzu­decken, werden Kontrollmaterialien benötigt, die eine zuverlässige Aussage darüber zulassen, wie genau ein Gerät die entsprechenden Parameter an Blut bestimmen kann. Untersuchungen, ob gegenwärtig verbreitete Qualitätskontrollen diese Forderung besser erfüllen als die vorliegend vorgestellte pABCo-Lösung liegen allerdings noch nicht vor. Für die Gaspartialdrücke bleibt die Gasäquilibrierung von Frischblut vorerst weiter das Referenzverfahren der Wahl. Leider existiert für den pH kein vergleichbares Referenzverfahren. Die zur Kalibration oder Qualitätskontrolle verwendeten Pufferlösungen haben den Nachteil, daß auch Unterschiede in ihrer Zusammensetzung das Membranpotential an der pH-Elektrode beeinflussen können, was vermutlich die Ursache für die vorliegend beobachtete mangelhafte Vergleichbarkeit von Messungen an Blut mit solchen an Pufferlösung ist. Idealerweise ist jedoch von einem Anaysator eine weitgehende Unempfindlichkeit gegen derartige Einflüsse der Probenzusammensetzung zu fordern, insbesondere da die Geräte auch andere Körperflüssigkeiten (z.B. Urin oder Magensaft) und Atemgase analysieren können sollten. Vorliegend konnte auch gezeigt werden, daß die Wiederholungsgenauigkeit der pH-Messung in Blut von Patienten während Operationen signifikant schlechter war als in Blut gesunder Probanden; auch dies sollte bei Untersuchungen der Gerätepräzision berücksichtigt werden.

Trotz der theoretischen Einwände gegen regelmäßige zentral gesteuerte Qualitätskontrollen sollten auch in Deutschland Ringtests an allen im klinischen Einsatz befindlichen Analysatoren durchgeführt werden. Die bei zwei Ringtests in Österreich verwendeten Zielbereiche [WITEK, 1978] von ±5% für den pCO2 und ±0,2% für den pH erscheinen jedoch im Hinblick auf den BE als zu groß. Eine pCO2-Erhöhung um 5% und eine pH-Erhöhung um 0,2% entspricht einer BE-Steigerung um 2 mmol/L bei Normalbedingungen, bei mäßiger Alkalose jedoch um bereits über 3 mmol/L (10 auf 13 mmol/L). Jedoch wurde auch dieser weite Zielbereich bei diesen Ringtests nur bei etwa der Hälfte der Messungen erreicht, was als noch befriedigendes Ergebnis bezeichnet wurde. Diese Auffassung ist bei isolierter Betrachtung von pH und pCO2 nachvollziehbar, für die Berechnung des BE sind diese Streuungen nach vorliegenden Ergebnissen jedoch zu groß.

Die von drei der untersuchten Geräte ermittelten Hämoglobinkonzentrationen wiesen eine für den klinischen Einsatz zu hohe Streuung auf, so daß die Bestimmung dieses Parameters noch erheblich verbessert werden muß, um z. B. Blutverluste während Operationen ausreichend zuverlässig feststellen zu können. Prinzipiell sind Geräte, die möglichst viele sogenannte „Notfallparameter“ automatisch bestimmen zwar im Sinne der Arbeitserleichterung und der Beschleunigung der Diagnosestellung zu begrüßen, jedoch muß jeder dieser Parameter in praxisnahen Studien geprüft werden. Wie sich vorliegend am Beispiel der cHb zeigte, genügen gute Meßergebnisse am Blut gesunder Probanden nicht.

Maßnahmen zur Vermeidung von Meßfehlern

Zur Vermeidung von Fehlern bei der BEecf-Bestimmung sollten nach den hier erhobenen Befunden folgende Punkte beachtet werden:

Präanalytisch

·      Bei der Blutprobe muß es sich um für den Patienten insgesamt repräsentatives Blut handeln. Es muß sichergestellt werden, daß sich im Entnahmekatheter keine Reste von Infusions- oder Antikoagulationslösungen mehr befinden. Die Antikoagulation sollte mit einer geringen, gleichbleibenden Menge Heparin erfolgen, z. B. bei Verwendung  von herstellerseitig nicht heparinisierten Einmalspritzen durch Verteilung von Natrium-Heparinlösung mit 5 000 I.E./mL an der Spritzenwand und durch die nach Entleerung der Spritze im Totraum verbleibende Heparinmenge.

·      Die Probe soll möglichst ohne Luftkontakt entnommen werden. (Dieser Punkt ist vor allem für den Sauerstoffpartialdruck wichtig.)

·      Wenn ein Transport oder eine Lagerung der Proben nicht vermeidbar ist, sollte dies gekühlt (z. B. in Styroporbox mit Eiswasser) erfolgen, da bei ungekühlter Lagerung bereits nach wenigen Minuten mit einem nur ungenau voraussagbaren BE-Abfall zu rechnen ist.

·      Die Probe soll vor der Analyse gut durchmischt werden.

·      Bei Analysatoren mit Probeneinspritzung (z. B. Radiometer ABL 500 / 510, AVL Compact 2) soll mindestens der Inhalt des Spritzenkonus unmittelbar vor der Analyse in einen Tupfer verworfen werden.

·      Insbesondere Personen mit relativ wenig Erfahrung in Probenentnahme und Analyse sollten ihre Ergebnisse auch bei geringem Verdacht auf methodische Fehler kritisch überprüfen, z. B. durch erneute Messung. Eventuelle Unregelmäßigkeiten bei Entnahme oder Analyse sollen entsprechend vermerkt und weitergeleitet werden. Bekanntermaßen unsichere Ergebnisse sind selten Ursache für unangemessene Therapie und können nachgefordert werden, falls dies im klinischen Gesamtbild notwendig erscheint; das Ignorieren von Besonderheiten bei Abnahme oder Analyse kann hingegen zu bedeutenden Fehleinschätzungen führen [WUILLEMIN et al., 1995].

Kontrolle der Geräte (intraanalytisch)

Da Instabilitäten von Elektroden offensichtlich von den Geräten selbst noch nicht zuverlässig erkannt werden, muß die Stabilität der Messungen durch gelegentliche Mehrfachbestimmungen überprüft werden. Bedeutende Abweichungen zwischen Messungen an derselben Probe sollten den Repräsentanten der Gerätehersteller umgehend mitgeteilt werden. Die Ausdrucke von Doppelbestimmungen stellen einfach erklärbare Dokumente bei eventuellen Reklamationen dar.

Konstante Abweichungen der Meßwerte („bias“) sind schwerer aufzudecken, insbesondere wenn in einem Labor nur ein Gerät oder ein Typ von Blutgasanalysatoren vorhanden ist. Allerdings zeigte sich bei vorliegenden Messungen, daß derartige Abweichungen zwischen Analysatoren über 4 mmol/L betragen können, und damit klinisch sehr relevant sind. Generell muß aufgrund des Fehlens eines universellen und überprüfbaren Standards in der BE-Bestimmung jedes Labor einen eigenen Referenzbereich festlegen und dessen Einhaltung kontinuierlich überprüfen. Wenn mehrere Blutgasanalysatoren verfügbar sind, sollten täglich einige Proben direkt nacheinander an verschiedenen Geräten analysiert werden. Zufällige, normalverteilte Fehler können durch Doppelbestimmungen reduziert werden (um den Faktor 2 –0,5); ebenso kann eine kritische Zunahme intraanalytischer Fehler durch Doppelbe­stim­mungen festgestellt werden. Dies kann als Argument für eine generelle Doppelbestimmung bei Blutgasanalysen gelten [METZGER et al., 1987], zumindest sollten jedoch klinisch besonders bedeutende Proben mehrfach bestimmt werden.

Um Meßfehler erkennen zu können, sollten Verlaufsmessungen zuverlässig als solche erkannt werden und wenn möglich am selben Gerät durchgeführt werden. Es sollte klar geregelt sein, wie bei Verdacht auf einen Meßfehler zu verfahren ist. Wenn ein Arzt Zweifel an der Richtigkeit eines Laborwerts hat, sollte er dies umgehend einer zuständigen Stelle melden. In diesem Zusammenhang ist es positiv zu werten, daß moderne Analysatoren viele Parameter en bloc messen, wie die vorliegend untersuchten Geräte Nova Stat Profile Ultra und Ciba-Corning 860, da auf diese Weise ohne deutlichen Mehraufwand Parameter regelmäßig gemessen werden, bei denen unerwartete Werte Anlaß zur Überprüfung des Gerätes geben können.

Berechnungsunterschiede (postanalytisch)

Eine einheitliche Berechnung wäre für den BEecf ebenso wie für den BEbl (solange er noch verwendet wird) und das Bikarbonat sehr wünschenswert. Von Fachgesellschaften und Herstellern ist daher eine rasche Einigung zu fordern. Bis dahin kann nur empfohlen werden, die klinikinternen Referenzbereiche entsprechend anzupassen. Allerdings zeigen sich die größten Abweichungen zwischen den Formeln bei pathologischen Werte­kon­stellationen, die außerhalb der Referenzbereiche liegen. Wenn verschiedene Analysatoren verwendet werden, sollte aus den Berichten klar erkennbar sein, um welches Gerät es sich handelt, und Verlaufskontrollen sollten nur auf einem der Geräte durch­geführt werden. Elektronische Datenverarbeitungssysteme sollten die Werte ein­heit­lich unter Verwendung eines modernen Algorithmus errechnen und nicht von den angeschlossenen Analysatoren direkt übernehmen. Wenn eine Formel im Zuge der Vereinheitlichung geändert wird, sollte dies allen Ärzten mitgeteilt werden, möglichst mit einer Grafik, aus der die Unterschiede zu den bisherigen Werten klar hervorgehen.

Wenn die Berechnungsmethode umgestellt wird, kann auch Abbildung 4 herangezogen werden, um sich einen Überblick über die Unterschiede zwischen den Formeln zu verschaffen. Würde beispielsweise die NCCLS-Formel von 1982 (vorliegend von Nova Biomedical und IL verwendet) durch die aktuelle NCCLS-Empfehlung ersetzt (vorliegend von Ciba-Corning verwendet), so würde dies außer bei ausgeprägter metabolischer Azidose, bei der sich die Formeln praktisch nicht unterscheiden, zu einer Abnahme der BE-Werte führen, die bei Normalwerten (pH = 7,4; pCO2 = 40 mmHg) etwa 0,6 mmol/L beträgt, bei metabolischer Alkalose jedoch kontinuierlich ansteigt, so daß grob angenommen werden kann, daß ein BEecf von 12 mmol/L einem BEecf von 13 mmol/L vor der Umstellung entsprechen würde.

Obwohl bisher nicht in der Literatur beschrieben, ist nach vorliegenden Ergebnissen eine Anpassung des BEecf an die Sauerstoffsättigung sinnvoll, insbesondere wenn gelegentlich venöse Blutgasanalysen durchgeführt werden oder bei hypoxischen Patienten. Allerdings zeigte sich auch, daß mit dem von ZANDER (1995) vorgeschlagenen Faktor (Gleichung 5) der Haldane-Effekt nur zu etwa 2/3 kompensiert wird, so daß der schon 1937 [DILL et al.] ermittelte Faktor von 0,03 mmol/L je Gramm Hämoglobin als immer noch gültig angesehen werden kann.